Sagenhafte Tage im Renchtal – Eindrücke aus dem Schwarzwald

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Wenn morgens die Nebelschwaden vom umliegenden Wald in das kleine Tal des Sulzbaches wabern und langsam die Landschaft in ein einheitliches Grau färben, dann kann ich mir gut vorstellen, dass die Menschen nach Erklärungen für solch beeindruckende Naturphänomene gesucht haben. Sieht die Stimmung doch sehr geisterhaft und unnatürlich aus. Oftmals konnten sie sich solch Phänomene nur durch Sagen und Mythen erklären, oder war hier wirklich eine Hexe am Werk?

Gefühlt gibt es hier im Renchtal, südwestlich des Nationalpark Schwarzwald an jeder Wegkreuzung solche Erzählungen über verfluchte Steine, verhexte Wege, bedrohliche Moore, geisterhafte Quellen, sagenumwobene Felsformationen, Felsvorsprünge und und und. Das Renchtal erstreckt sich entlang des namensgebenden Flusses Rench, südwestlich vom Nationalpark Schwarzwald. Eine sagenhafte Region, in doppelter Bedeutung. Auf der einen Seite, weil es zahlreiche Sagen zu mystisch anmutenden Orten gibt, auf der anderen Seite, weil es eine wunderbare Ferienregion mit vielfältigen Möglichkeiten ist.

Diese wunderbare Ferienregion erkunden wir in der Osterzeit von unserer Unterkunft, dem Heimatglück in Lautenbach aus. Die Temperaturen sind noch recht frisch, umso mehr freuen wir uns darüber, dass unsere luxuriöse Ferienunterkunft neben einer Ferienwohnung, die keine Wünsche offen lässt, einen Sauna- und Wellnessbereich hat, den wir gerne und ausgiebig nutzen. Die Gastgeber sind sehr freundlich und so werden wir schon mit warmen Worten und vielen Tipps empfangen. So muss ein Urlaub starten!

Das Renchtal befindet sich zwischen der Badischen Weinstraße und dem Nationalpark Schwarzwald und zeichnet sich durch eine Vielzahl an Obst- und Rebgärten, tiefe Wälder und die Schwarzwaldhöhen aus. Lauterbach, Oppenau und besonders Oberkirch mit seiner überregional bekannten Winzergenossenschaft sind einen Ausflug wert. Die Winzergenossenschaft bietet eine große Auswahl an Weinen unterschiedlicher Ausbaustufen an und so entschließen auch wir uns zu einem kurzen Besuch. Freundlich werden wir in dem modernen Gebäude empfangen. Mittig befindet sich ein Probiertheke, umgeben von probierwütigen Kunden, die sich quer und längs durch das breite Sortiment probieren. Auch wir werden sehr nett und gut beraten und probieren einige Rot- und Weißweine. Besonders bleibt uns die Beschreibung und Kaufempfehlung des Silvaners im Ohr. Die Verkäuferin beschreibt ihn als Wein, den mal „einfach mal so“ trinken kann – und das beschreibt ihn sehr gut. Frisch und fröhlich, einfach mal so an einem lauen Sommertag auf der Terrasse. Mit gefülltem Kofferraum verlassen wir die Winzergenossenschaft und erkunden in den nächsten Tagen die Gegend des Renchtals etwas genauer.

Oberkirch kann mit seinen ca. 20.000 Einwohnern auf eine lange Geschichte zurückblicken. im 11. Jahrhundert wurde die Stadt erstmals erwähnt und gehörte zwischenzeitlich zum Territorium der Bischöfe von Straßburg. Der vermutlich bekannteste Bürger der Stadt ist der Schriftsteller Hans Jacob Christoffel von Grimmelshausen, der im 17. Jahrhundert im Schauenburgischen Gebiet gelebt hat und an seinem berühmten Roman über die Abenteuer des „Simplicissimus Teutsch“ schrieb. Ihm wurde im Stadtzentrum eine Statur gewidmet, die an das Titelbild des Buches angelehnt ist.

Über Oberkirch, umgeben von Rebhängen, Wäldern und Obstwiesen thront auf 397 m ü. NN das Wahrzeichen, die Schauenburg. Sie ist im Besitz der Familie von Schauenburg, die nicht ständig auf der Burg lebten und im Laufe der Zeit komfortablere Unterkünfte im Tal erwarben. Seit 1731 wird sie als Ruine bezeichnet und in der Folgezeit als Steinbruch verwendet. Ihre Umgebung und der kleine Anstieg durch die Weinhänge und Obstwiesen ist wunderschön. Ein besonderes Ereignis sind die kleinen Probierstationen, in denen man hausgemachte Marmeladen, Brände und Liköre probieren kann, denn wo Obstanbau ist, da sind auch Schnapsbrenner. Besonders erwähnen muss man auch das wahre „Juwel spätgotischer Sakralbaukunst“, die spätgotische Wallfahrtskirche Mariä Krönung. Sie stammt aus dem 15. Jahrhundert und ist wohl die bedeutendste Kirche der Region. Anhand ihrer detaillierten Darstellungen, der vergoldeten Innausstattung und ihrer beeindruckenden Größe wird sie als „lebendiges Zeugnis des Glaubens und der Frömmigkeit der Talbewohner und der Wallfahrer“ bezeichnet. Leider darf man von den Innenräumen keine Fotos machen, weshalb man sich die drei Flügelaltäre mit ihren vergoldeten Skulpturen und Gemälden und die 59 prächtigen Glasbilder an dieser Stelle vorstellen muss. In diesen stressigen und aufregenden Zeiten ein Ort der Ruhe und Einkehr in Mitten von Natur.

Nur ein paar Autominuten von unserer wunderbaren Unterkunft entfernt, im Süden des Nationalsparks Schwarzwald befinden sich die Klosterruine Allerheiligen und die Allerheiligen Wasserfälle. Wer einmal die andere, touristische Seite der Region kennenlernen möchte, der sollte den Wanderweg nehmen, der beide Locations miteinander verbindet. Hier treffen sich mehrere Nationalitäten zum gemeinsamen Naturpilgern. Auf einem schmalen Pfad geht man 250 Treppenstufen von der mystischen Klosterruine Allerheiligen, entlang des Baches, bis zum Parkplatz der Allerheiligen Wasserfälle.

Wie kaum ein anders Bauwerk der Region steht die Klosterruine Allerheiligen für die Romantik des Vergänglichen und der Natur, was sie als ein Topziel der Region auszeichnet. Spätestens seit Karl Baedecker sie 1853 besuchte, in seinen Reiseführer aufnahm und weiterempfahl, war sie bekannt.

Laut rauscht der Lierbach neben einem die Schlucht hinab und fällt über insgesamt sieben Kaskaden 83 Meter in die Tiefe. Eingebettet in den Schwarzwald bietet sich auch hier Stoff für Sagen, denn naheliegend ist die Frage schon, warum gerade an diesem Ort ein Kloster entstanden ist.

"Die Sage: Der Eselsbrunnen und Kloster Allerheiligen 
Nach dem Tode ihres Gemahls wollte Herzogin Uta von Schauenburg ein Kloster gründen, aber man konnte sich über den Platz nicht einig werden. Ein Traum bestimmte der Gründerin, dass sie am Tage der heiligen Ursula einen Esel mit einem Sack Geld für den Klosterbau belud und ihn frei laufen ließ. Dort, wo er den Sack abwerfen würde, sollte das Kloster erbaut werden. Auf der Höhe des Sohlbergs scharrte das durstige Tier mit seinem Hufe an der Erde. Gleich entsprang eine Quelle. Sie hieß seitdem „Eselsbrunnen“. Als das Tier sich gelabt hatte, trabte es noch etwa eine halbe Stunde weiter, bis es gänzlich ermüdet die Last abwarf. Der Sack rollte ins Tal hinab und blieb dort liegen. An dieser Stelle erbaute man das Kloster Allerheiligen. Auf der Höhe aber, wo der Esel stehen geblieben war, errichtete man eine Kapelle zu Ehren der heiligen Ursula. Ihre Trümmer waren noch in den dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts zu sehen."1

Geistergeschichten und düstere Sagen gehören aber genau so zum Schwarzwald wie die unvergleichlichen Naturschauspiele und freundlichen Menschen und so liest man auch die Sage des Moospfaff auf Infotafeln rund um den Allerheiligen Wasserfall.

"Die Sage vom Moospfaff 
Der „Moospfaff“ war ein Pfarrer aus Allerheiligen, der die Gemeinden der Gegend betreute und oft zwischen den abgelegenen Orten und Gehöften des Schwarzwaldes unterwegs war. Er soll, als er einmal zu einem Sterbenden ging, eine Hostie verloren haben. Geschehen sei dies zwischen Oppenau und dem einsamen Moosbauernhof. Seit seinem Tod soll der Geist dieses nachlässigen Pfarrers auf der Suche nach der verlorenen Hostie im Gebiet des Bergrückens zwischen Rench- und Kinzigtal herumgeistern."1

Ein besonderes Zeugnis dieser düsteren Seite des Schwarzwalds ist der Lautenbacher Hexensteig. Er geht auf eine Erzählung zurück, nach der soll auf dem Sohlberg eine Hexe ihr Unwesen getrieben haben. Sie soll Wanderer verwirrt haben, sodass sie die ganze Nacht umherirrten und erst am nächsten Morgen nach dem Hahnenschrei wieder auf den rechten Weg kamen. Mir wurde auf unserer Wanderung keine Hexe, sondern eine etwas unentspannte Hündin gefährlich, die mir ohne Vorwarnung ins Bein biss. Vielleicht handelt es sich um den Fluch des Hexenbergs? Das vermag nur die Hexe zu wissen…

Quellen:

  1. Sagenhaftes Renchtal
  2. Wandern im Renchtal