Die Mosel

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Hab mein Wagen vollgeladen – Das Tal der lustigen Menschen

Touren an und auf der Mosel

Der 544 km lange Fluss hat schon immer eine schicksalhafte Rolle gespielt: Bereits für die Römer, für Europa und auch für uns. Das Schicksal hat uns nach Bonn geführt und so sind wir seit 1978 wohl mehr als 30 Mal an und auf der Mosel gewesen, meist auf dem Fluss oder in den Weinbergen, in den Städten und in den Seitentälern. Trotzdem hatten und haben wir nur kleine Einblicke in die Entwicklung, das Leben und die Natur dieses großartigen Flussgebietes. Traurig ist dabei, dass wir die Mosel erst nach dem Ausbau zur Großschifffahrtsstraße kennengelernt haben. Frankreich hatte den Ausbau der Mosel mit der Gründung der Europäischen Gemeinschaft 1951 gefordert. Die Verbindung der Hüttenindustrie im Lothringen mit dem Rhein, die Angliederung des Saarlandes an die Bundesrepublik, der Bau des Rhein-Seitenkanals, all diese Fragen führten nach umfangreichen Konsultationen zu den Verträgen zum Moselausbau 1958 – 1964, die am 27 Oktober 1956 abgeschlossen wurden. Die Moselanliegerstaaten Deutschland, Luxemburg und Frankreich verpflichteten sich damit, die Mosel von Thionville bis Koblenz zu einem europäischen Schifffahrtsweg auszubauen.

„Die Nachricht, dass jetzt auch die Mosel, unser letzter unberührter westdeutscher Fluss in einen Kanal umgewandelt werden soll, hat allen einen Schock versetzt, die schon einmal dieses herrliche Tal durch wandert haben.“ Das schreibt Dr. Rudolf Beck in der Fachzeitschrift KanuSport vom 15. Januar 1957 unter der Überschrift „Mselfahrt aus Abschiedskummer“ und beschreibt es weiter wie folgt: „Dieses Tal hat eine alte Kultur und eine großartige Landschaft noch so weit ursprünglich bewahrt dass auch der ständig wachsende Fremdenverkehr seinen Zauber bis heute noch nicht zerstören konnte.“

Die Mosel bei Beilstein

Für uns wirkt dieser besondere Zauber … bis heute, und das ist immerhin mehr als ein halbes Jahrhundert nach diesen zitierten Beschreibungen.

Immer wieder begannen unsere Moselfahrten mit dem Kajak in der französischen Stadt Sierck-les-Bains. Es ist so schön, in einem französischen Ort die Tour zu beginnen. Schließlich hat der Fluss einen französischen Mädchennamen: La Mosella – das klingt nicht nur wie Musik, das regt auch zum Träumen an. Und dann beginnt die Tour:

Man startet morgens mit dem Besuch der Boulangerie am Markt, kauft frische Baguette und atmet Frankreich. Sierck-les-Bains ist in jeder Hinsicht französisch: Eine Mischung aus Lebenslust und Freude zusammen mit dem maroden Charme der alten Gebäude in den schmalen Gassen. Wir wandern durch die Gassen und weiter hinauf zur Burganlage. Die Lage an einer Moselschleife hat den Ort strategisch wichtig gemacht. Die Burganlage aus dem 10. oder 11. Jahrhundert mit Türmen und Bastionen aus dem 16. und 17. Jahrhundert bietet einen herrlichen Blick auf das Moseltal. Die Stadt liegt am rechten Moselufer. Schon nach wenigen Kilometern endet Frankreich. Das Dreiländereck Frankreich, Luxemburg, Deutschland bietet eine besondere Chance: Frühstück in Frankreich, Mittagessen in Luxemburg und abends zum Wein in Deutschland. Ein Franzose würde dieser Reihenfolge natürlich nicht akzeptieren. Aber wir sind abends immer Mosel-abwärts kurz hinter Perl in Palzem gelandet, um dort den Moselwein zu genießen. Früher saßen wir noch im Elbling-Paradies, inzwischen landen wir im Weingut und verkosten den neuen abgefüllten Elbling, Riesling und Grauburgunder.

„Ist es ist mehr ein Pfirsich-Geschmack oder Aprikose?“, fragt uns der Winzer Michael. Es sind eindeutig Pfirsich-Apfel-Aromen, die wir schmecken, während wir ehrfürchtig auf die 8000 Liter fassenden Edelstahltanks blicken. Der Mosel-Riesling war es einst, der uns an die Mosel geführt hat, aber der Elbling hat unsere Gaumen erobert. Ein später Sieg der Römer?

Immerhin ist der Elbling eine der ältesten Weinsorten der Welt und wächst seit rund 2000 Jahren besonders auf den Muschelkalkböden der Obermosel. Die Rieslingreben wurden erstmals vor 600 Jahren erwähnt: 1402 in Worms. Vermutlich wurde die Rebsorte schon von den Germanen in Besitz genommen. Viele Geschichten gibt es über den Weinbau und seine Rebsorten. Der römische Gelehrte Gaius Plinius Secundus Maior, genannt Plinius der Ältere (23 bis 79 n. Chr. – er starb während des großen Vesuvausbruchs, der Pompeji und Herculaneum vernichtete) beschrieb die Rebsorte als „Vitis alba“, weiße Rebe. Später entwickelte sich daraus der Name Elbling.

So wird unsere Kellerbesichtigung und Weinprobe zu einem Gang durch die Geschichte, und wir schauen immer tiefer ins Glas, genießen die süffige Nuance und den harmonischen Fruchtgeschmack nach grünen Äpfeln und Quitten …

Erst spät am nächsten Morgen stehen wir auf. Schließlich müssen wir unseren Geschichtskursus weiter machen, denn die einstige römische Kaiserstadt Trier liegt nur ein paar Kilometer entfernt. Dort wandern wir weiter auf den Spuren der Römer, denn die Stadt „Augusta Treverum“ wurde 16 v. Chr. von den Römern gegründet und ist die älteste Stadt Deutschlands.

Die Porta Nigra, das berühmte römische „schwarze Tor“ und imposante Zeugnis des römischen Imperiums wurde 180 n. Chr. mit Türmen aus schweren Steinplatten errichtet. Das „Schwarze Tor“ ist nicht durch Feuersbrunst so schwarz, sondern vom Bewuchs winziger Pflanzen, so sagen die einen. Durch die Korrosion des Eisenoxids im Sandstein (Quelle: E Schulz; Merian Die Mosel; Seite 31), der ursprünglich weiß war, sagt der Wissenschaftliche Referent für Römerbauten bei der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz Karl-Uwe Mahler. Sie müssen Tonnen schwer sein. In die Steine eingeritzte Daten zeigen an, dass am Tag nur 4 Steine eingebaut werden konnten. Sie sind ohne Mörtel so zusammengefügt, dass sie bis heute fast 2000 Jahre überstanden haben. Es ist der größte und beeindruckendste römische Turmbau, der erhalten ist. Natürlich stehen wir vor einem UNESCO-Weltkulturerbe.

Auch das gewaltige Fragment einer römischen Granitsäule aus Odenwälder Granit vor dem Dom ist Zeugnis dieser Zeit, ihrer Transport- und Baukunst.

Kreichend krabbeln kleine Kinder auf dem Granitkoloss herum, der so rund und glatt ist, dass man so gut darauf herum rutschen kann. Er liegt direkt am Eingang zum Dom. In diesem festungsähnlichen Kirchenbauwerk mit einem gewaltigen Gewölbe vereint sich Architektur und Kunst aus romanischen, gotischen und barocken Zeitepochen. Die Hohe Domkirche Sankt Peter zu Trier ist die älteste Bischofskirche Deutschlands und mit 112,5 m Länge und 41 m Breite das größte Kirchenbauwerk in Trier. Gleich nebenan schließlich sich der große Zentralbau der römisch-katholischen Liebfrauenkirche an. Zusammen mit der Elisabethkirche in Marburg ist die Liebfrauenkirche die älteste gotische Kirche in Deutschland und der früheste gotische Zentralbau des Landes – erfahren wir zur Geschichte dieser beeindruckenden Sakralbauten. Kein Wunder also, dass diese Bauwerke seit 1986 zum UNESCO Welterbe „Römische Baudenkmäler Dom und Liebfrauenkirche“ zählen.

Wir bestaunen das historische Erbe der Stadt und fühlen uns wohl in der lebendigen Fußgängerzone in der Altstadt, in der sich die Menschen bei dem sonnigen Wetter tummeln. An die Schrecken der Vergangenheit erinnern uns nur die Stadtführer, die ihre Zuhörer um sich geschart haben: Eine der großen Zerstörungen von Trier erfolgte am Ostersonntag im April 882 durch die Raubzüge der Wikinger im Rheinland. Ohne genauere Beschreibungen der Plünderungen niederzuschreiben waren die Verwüstungen durch die Wikinger so gravierend, dass sie entsetzliche Spuren des Grauens hinterließen. Im Februar 892 plünderten die Wikinger erneut die alte Römerstadt.

All das vergessen wir allerdings schnell bei unserem Gang über den bilderbuchartig schönen Marktplatz mit seinen vielen mittelalterlichen Zeugnissen. Aber ehe wir bei all den Bauwerken und Sehenswürdigkeiten wie dem Geburtshaus von Karl Marx aus der Moseltour eine Städtetour werden lassen, wenden wir uns doch lieber dem romantischen Moseltal zu.

Der Fluss schlängelt sich durch Weinbaugebiete und weist wieder etwas Besonderes auf: Am französischen Grenzort Apach fahren wir plötzlich durch Luxemburg und Deutschland zugleich Der Fluss ist hier ein Kondominium denn die Mosel ist auf einer Länge von ca. 36 km gemeinschaftliches deutsch-luxemburgisches Hoheitsgebiet. Auf unserer Kajaktour diskutieren wir: Paddeln wir nun in Deutschland oder in Luxemburg? – Nein, wir sind gleichzeitig in beiden Ländern! Und wir sind mitten in Europa. Über uns liegt auf Luxemburger Seite der Ort Schengen. Er wird als die „Seele Europas“ tituliert, denn hier wurde mit dem Schengener Abkommen das Fundament für ein grenzenloses Europa geschaffen. Fast ehrfürchtig schauen wir auf den Ort, an dem wir mit gemächlicher Mosel-Geschwindigkeit vorbei ziehen.

Bei normalem Wasserstand wird die Fließgeschwindigkeit der Mosel mit 20 Zentimeter pro Sekunde angegeben. Das sind weniger als 1 Kilometer pro Stunde, die vielen Stauanlagen sorgen für dieses langsam fließende Wasser. Aber das war natürlich nicht immer so. Erstaunlich ist die Kraft die dieses Wasser entfalten kann. Noch vor 2,5 Millionen Jahren floss das Moselwasser als breiter Strom über die Hochebene des rheinischen Schiefergebirges. Erst die Wasser- und Geröllmassen der abschmelzenden Gletscher während der verschiedenen Eiszeiten gruben sich immer tiefer in die Deckschichten ein und schufen so das tief eingeschnittene Moseltal. Der Fluss mäandriert ab Trier zwischen der Eifel im Norden und dem Hunsrück auf der Südseite. Die Mosel ist auf circa 175 Kilometer so kurvenreich wie kaum ein anderer Großfluss in Deutschland und bezieht auch daraus seinen besonderen Reiz. Mit seinen vielen bekannten Weinorten, reizvollen Fachwerkorten, und den hoch über dem Fluss gelegenen Burgen und Burgruinen. Besonders drei dieser Burgen haben es mir angetan: die Burgruine Metternich in Beilstein, die vollständig erhaltene Reichsburg Cochem und die im Seitental am Eltzbach gelegene Burg Eltz.

Mehr als 20 Touren sind es inzwischen, die wir Dank der Führung unseres Freundes im Abschnitt der Flusskilometer 82 bis 42, also zwischen Bullay und Pommern, unternommen haben. Der Wein war das Ziel und der floss im Bruttiger Weinkeller hauptsächlich als trockener Riesling – schließlich mussten die Jahrgänge immer sorgfältig miteinander verglichen werden. Eigentlich war es über 3 Jahrzehnte immer eine Bootsschleuse voller Kajaks – Moseltour bei Bruttig, das war für uns immer Kult.

Nicht immer sind auf diesen Touren alle Freunde dabei bei Wein und Schleusenkuchen. Da kommt man schnell auf die Idee des „Ferntrinkens“. Ein ganz besonderer Gedanke, der jeden sofort an die eigene Kindheit erinnert. Wie könnte man es besser bezeichnen als das Essen in der Kindheit: Ein Löffel für Oma, ein Löffel für Opa, ein Löffel für Lisa, ein Löffel für … und schon ist der Kleine satt und voll. So ist die Sache mit dem Ferntrinken zu verstehen: Ein Glas für Werner, ein Glas für Lutz, ein Glas für … jeder hat mehr als zehn Freunde, die sich auf diese Weise gerne am Ferntrinken beteiligen. Und schon ist man voll und das nur der Freunde wegen, die wieder einmal eine schöne Mosel-Tour versäumt haben.

Und so ziehen wir dann an der hoch über der Mosel thronenden Reichsburg Cochem vorbei und sind gerade beim x-ten Freund, der dieses Mal nicht dabei sein kann.

Auch zu Fuß hat das Moseltal seine Reize. Die Weinberge schaffen nicht nur die Grundlage für den herrlichen Wein, sondern sie schaffen auch Möglichkeiten für einzigartige Wandertouren. So bietet die steile Wanderung über Treppen und Felspfade am Calmont. Man hat nicht nur aus 380 Meter Höhe Einblicke in die steilsten Weinberge. Sie zählen mit einer Hangneigung bis über 65 Grad zu den steilsten Lagen der Erde, bieten aber auch einen herrlichen Blick auf die berühmteste Moselschleife, den Bremmer Bogen. Es ist eine Kurve mit einem Radius von nur 350 Meter. Die Mosel dreht sich hier um 180 Grad und ist für lange Frachtkähne eine unheimliche Engstelle, während wir Kanuten es hauptsächlich dadurch merken, dass uns der vorherigen Rückenwind plötzlich ins Gesicht bläst.

Zu Fuß in den Mosel-Seitentälern

Zeichnet sich schon das Moseltal selbst mit besonderen Orten und Landschaften aus, so entfalten die Moselseitentäler weitere teils märchenhafte Erlebniswelten. Nur wenige Kilometer hinter Cochem, bei Flusskilometer 47,5 liegt der Ort Klotten. Das einmündende Dortebachtal mit seinem Naturschutzgebiet kann wohl als das urigste Naturschutzgebiet der Eifel bezeichnet werden. Es ist ein in den Grauwackenfels eingeschnittenes kurzes und schroffes Kerbtal mit den verschiedensten Lebensräumen. Durch die schluchtartige Enge staut sich die über den Felsen aufgeheizte Luft. Das Naturschutzgebiet ist Lebensraum vieler geschützter Pflanzen- und Tierarten.So sollen Segelfalter und Schwalbenschwänze sowie auch der noch seltenere Apollofalter hier vorkommen, auch Würfelnattern und Smaragdeidechsen. – Das Glück, diese seltenen Tiere zu erleben, hatten wir bisher nur an anderen Orten.

Smaragdeidechse, Schwalbenschwanz und Apollofalter hier leider nur von anderen Orten

Ein ganzes Stück weiter stromabwärts erreicht die Mosel bei Flusskilometer 34 den Ort Moselkern. Wer sich die Zeit nimmt, folgt hier dem Bachlauf der Eltz ins Hügelland. Dicht rücken hier die Waldhänge zusammen, bis sich plötzlich der Blick öffnet: Auf einer steilen Felsgruppe erhebt sich bilderbuchartig eine kleine Burg – Der Anblick ist wie die Sicht auf ein Dornröschenschloss im Zauberwald, es ist die Burg Eltz. Der Kunsthistoriker Georg Dehio nannte das Waldschlösschen „die Burg schlechthin“. So ist es kein Zufall, dass diese Burg bis zu Einführung des Euro die Rückseite des 500 DM Scheines zierte.

Wer da noch einen guten Burgführer hat, dem wird es – wie mir – ständig in Erinnerung bleiben, woher zum Beispiel die mittelalterlichen Redewendungen kommen: „Durch die Lappen gehen“ oder „einen Zahn zulegen“, „jemandem das Wasser abgraben“ oder „ins Bett steigen“. Für mich ist die Burg Eltz jedenfalls ein Märchenschloss. Die Adelsfamilie von Eltz residiert hier seit 1157. Es ist eine Burg, die nie eingenommen worden ist und deshalb den Geist der Geschichte noch heute in sich trägt.

Eine Prinzessin hofft immer auf einen Prinzen, wenn sie einen Frosch in der Nähe einer Burg sieht, hier ist es die Burg Schöneck

Von dort sind es nur noch gut 30 km bis Koblenz. Am deutschen Eck mündet die Mosel in den Rhein. Ist Koblenz nun eine Rheinstadt oder eine Moselstadt? Nach insgesamt 544 km ergießt sich die Mosel hier in den Rhein. 676 Höhenmeter ist sie von der Quelle bis zur Mündung hinunter geflossen und hat uns immer wieder ein Stückchen mitgenommen. Apropos „mitgenommen“: Ohne Wein mitzunehmen, verlassen wir die Mosel nie. Also geht es am Ende der Tour so wie auch am Anfang immer zu unserem Winter Michael und der zeigt uns zum Abschluss noch etwas Besonderes: der Winzer führt uns zur „verzauberten Prinzessin hinter Rosenhecken und Weinbergen“ (Quelle: W Boller; An Ruwer und Saar; Merian Die Mosel)

Blick aus den Weinbergen auf die Saar

Vor uns weit unten windet sich die Saar in großen Schleifen um die Weinberge. Es gibt hier am Unterlauf der Saar kurz vor der Mündung in die Mosel viele berühmte Lagen. Nur das Deutsche Weingesetz sieht das etwas merkwürdig: Das Saar- Anbaugebiet ist zu klein um einen eigenen Namen zu führen, und so wurde aus dem Weinbaugebiet „Mosel-Saar-Ruwer“ im Frühjahr 2007 nur noch „Mosel“. Steillagen bis zu 55 Grad Neigung liegen vor uns. Bald wandern wir vom Galgenberg abwärts. Zwischen in den Rebflächen liegen üppige Blumenwiesen. Die weißen Dolden der Wilden Möhre, gelber Rainfarn, gelbe Königskerzen, weiße Blüten der Kamille und viele Blüten mehr wiegen sich im seichten Wind. Die kleinen Blüten des Thymian verströmen ihren aromatischen Duft. Eidechsen sonnen sich an den warmen Felswänden.

Eine Besuchergruppe aus Brandenburg schaut verwundert ins Gras. Als wir sie befragen zeigen sie auf ein ca. 5 Zentimeter großes skurriles Insekt trotz mit grüner Tarnfarbe – es ist eine Gottesanbeter-Fangschrecke. Ich ernte entsetzte Blicke, als ich die besonderen Gewohnheiten dieser Fangschrecke erzähle: Sie fressen nach der Hochzeit die Männchen auf, wenn diese es nicht schaffen, rechtzeitig das Weite zu suchen.

„Der Artenschutz ist uns besonders wichtig“, meint unser Winzer Michael und ist stolz auf die vielen Bienen, Schmetterlinge und die Gottesanbeterin auf seinen Flächen. Die Weinbaugebiete gehören zu den intensiv genutzten Kulturflächen und sie liegen auch in Bereichen hoher Biodiversität, denn durch ihre Sonnenlagen sind sie gerade für Insekten besonders geeignet. Uns erinnert das an unserer Erlebnisse in den Tälern des unteren Moselbereiches.

Als wir zurück auf dem Weingut sind und von unseren Erlebnissen an der Saar erzählen, gibt es natürlich gleich eine Kostprobe des Saar-Rieslings.

„Hier ist es am schönsten“, mein Helmut der alte Winzer in unserer lustigen Abendrunde. Im schwer verständlichen Dialekt kommt er nach einigen Gläsern richtig in Fahrt und schwärmt von seiner Heimat, dem kleinen Konzer Tälchen. „Tal der lustigen Menschen“ nennt er sein Tal und wir versprechen wiederzukommen. Langsam geht die Sonne unter und verwandelt die Mosel-Landschaft in eine rosa Märchenwelt. Auch wir lassen den Abend und die Tour ausklingen, ganz langsam bei einer Weinprobe mit Riesling, Ebling und Grauburgunder, aber eigentlich immer wieder Elbling. Dann müssen wir Helmut zustimmen: Hier sind wir am Tal der lustigen Menschen.