Indonesien -Insel der wogenden Kokospalmen – Bericht über eine zweimonatige Reise durch Sulawesi

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Endlich ist es so weit, der Countdown läuft. Das Taxi soll uns abholen und zum Bahnhof bringen – aber es gibt doch noch Stress: Mein Geschäftspartner hat einen wichtigen Termin und bricht auf der Autofahrt zum Termin zusammen, landet im Krankenhaus – sein Magen- Darm-Problem. Ich kann bei diesem Termin nicht mehr helfen, unser Flugzeug startet in wenigen Stunden von Frankfurt aus. Ich bin für knapp zwei Monate kaum noch erreichbar – ich bin dann mal weg!

Wir haben alles gut verstaut: Anke 20 kg im 60 l Rucksack und ich 21 kg im 80 l Rucksack, dazu Fotoausrüstung im Handgepäck – reicht das für die lange Zeit? Egal, jetzt ist es zu spät, das Flugzeug hebt pünktlich ab, unter uns verschwindet das Lichtermeer der Großstadt Frankfurt und damit auch die Gedanken an die sonst so üblichen Alltagssorgen zu Hause in Bonn. Über den Wolken fliegen wir mit rund 1000 km/h unserem Ziel entgegen: Singapur.

Singapur

Etwas holprig setzt das große Flugzeug auf dem Rollfeld der riesigen Metropole 12 Stunden später auf, aber wir haben wieder festen Boden unter den Füßen und sind nach 37 Jahren wieder einmal in Singapur. Nur 3 Tage nehmen wir uns Zeit, aber diese Tage sind ausgefüllt mit Besichtigungstouren und mit Staunen.

Seit unserem letzten Besuch ist der Stadtstaat von damals 2,25 Mio. Einwohnern auf über 5 Mio. angewachsen. Schon damals war die Metropole am Südzipfel von Malaysia eine der wichtigsten Umschlagplätze im internationalen Welthandel, nach westlichem Muster aufgebaut mit Wolkenkratzern, riesigen Wohnblöcken und – worauf man besonders stolz ist – eine der saubersten Städte der Welt. Es ist ein gigantischer kultureller Schmelztiegel und so sind die Stadtviertel Little India und Chinatown ein Muss für jeden, der wie wir die Stadt in wenigen Tagen erkunden will.

Wer die Metropole in nur so kurzer Zeit erkunden will, ist natürlich vorbereitet:

In Singapur hat der Reisende, 12000 km von zu Hause, die eigene Vergangenheit eingeholt, den Schauplatz der Bücher, die er als Junge mit der Taschenlampe unter der Bettdecke las, solche Schmöker von Spionage und Erpressung, Handel mit Rauschgift und weißen Mädchen. Singapur ist eine Hauptstadt des Abenteuers. Alle Schiffe der Ostasienroute lagen hier vor Anker, alle Schiffsjungenträume sind hier an Land gegangen. Dies ist der Hafen der Welt. Doch das Abenteuer hat die Norm des Alltäglichen. Die Stadt ist zu hell, zu sauber und sorglos für die Bürde des erfundenen Bösen…“ so haben wir es gelesen (Heyne Reisebücher: 2 Wochen in Fernost, Hrsg. Ferdinand Ranft). Und wie erleben wir die Stadt?

Singapur ist nicht nur eine Metropole der Hochhäuser, sondern eine tolle Mischung aus grünen Oasen und Betongiganten. Immer wieder sind es die anmutigen großen grünen Palmen, blühende Bäume und Grün in vielen Formen und Varianten, die das Bild prägen. Azaleen und Rhododendron, weiß und rosa blühend und überall Hochhäuser, die meist wie Stifte oder Scheiben in den Himmel ragen. Eine einzigartige Mischung aus Kunst-, Kultur- und Naturelementen und die einzelnen Elemente sind vielfach bizarr übersteigert. So z. B. die großen Kunstskulpturen im Bereich der Gardens by the Bay, die bunten Dekorationen in Chinatown und der Skypark mit 650 Pflanzen in 180 m Höhe.

Im Gegensatz zu den meisten Menschen, die hier im Auto auf den 3 bis 5-spurigen Straßen unterwegs sind, durchwandern wir zu Fuß die Stadt in Richtung Chinatown, und wir merken bald, wie sehr die kleinen Strukturen des Chinesenviertels zurückgedrängt worden sind und ständig weiter abgerissen und neu überbaut werden. Fast bedrohlich überragen die Hochhäuser die nur 2- und 3-geschossigen bunten Häuser mit roten Satteldächern des Chinaviertels. Dazwischen hängen bunte Lampions und am Straßenrand liegt ein gigantisches Angebot an Souvenirs, Kleidung, Früchten und Essen. Mag das quirlige Treiben der chinesischen Geschäftsleute noch so vielfältig und aktiv sein, die großen Geschäfte verlaufen heute anders und führen dann offenbar zu gigantischen neuen Geschäftshäusern.

„Aber am Wochenende“ – so erzählt es uns der Taxifahrer, den wir zur Weiterfahrt ins indische Viertel anheuern, „da werden alle Straßen hier im Viertel für den Autoverkehr gesperrt“ –  und dann gibt es hier vielleicht ja doch noch so etwas wie in den alten Schiffsjungenträumen!

In einer großen „Fresshalle“ ist erst einmal „local meal“ angesagt: gebratene Ente mit Reis und undefinierbares Gemüse mit Soßen nach Wunsch. Hektisch hantiert der Bratbudenbesitzer bei 35 Grad über dampfenden Pfannen, Reiskochern und Soßen – und dabei hat er jede Menge lustiger Sprüche auf Lager: „Ich liebe Dich“, ruft er durch den Reisdampf, weil er mitbekommt, dass wir Touristen sind, und weil er nicht sicher ist, ob wir Deutsche sind, ruft er es gleich noch in fünf weiteren Sprachen. Aber das verhallt schnell, denn aus jeder Bude in dem großen Gebäude quäkt aus lauten Boxen ein anderer Sound.

Einige Stadtviertel weiter liegt Little India, aber das Viertel ist wesentlich kleiner, etwas verkommener und chaotischer als Chinatown. 2-geschossige, meist sanierungsbedürftige Häuser mit Satteldach werden auch hier bedrängt von den gigantischen Hochhausriesen. An den üppig ausgelegten Fruchtständen kaufen wir Mangos, Bananen und andere Früchte – bei den Temperaturen von 30 Grad und mehr kann man nicht genug davon bekommen.

Der große Freizeitpark Gardens by the Bay wird inzwischen als Ikone am Meer bezeichnet: 101 ha künstlich aufgeschüttetes Land wurden als überaus fantasievolle Gartenlandschaft mit tropischen üppigen Pflanzen und künstlerisch gestalteten Objekten entwickelt. Riesige künstliche Superbäume, 9 und 16 Etagen hoch, sind im Zentrum gruppiert.

Früher oder später landet man von hier aus in einem einzigartigen Architekturkomplex. Der Architekt und Harvard Professor Mosche Safdie hat dieses 2010 eröffnete Werk entworfen. Drei 57 Stockwerke zählende Blöcke aus Beton und Glas tragen eine alles verbindende Plattform, ein Skypark mit 250 Bäumen und insgesamt 650 Pflanzen auf einer Fläche von 1,3 ha in luftiger Höhe. Die drei Blöcke bestehen aus insgesamt 2500 Hotelzimmern und über 50 Restaurants. Unten ist alles verbunden durch eine riesige Mall mit einem Wasserlauf. Danach schließt eine große Terrasse mit Blick auf einen See an, in dem sich die Hochhauskulisse der Geschäftsstadt Singapur widerspiegelt. – Eine gigantische Kulisse, die an meine Bilder für Nils erinnert.

Zum Abend sind wir wieder in den Gardens by the Bay. Jetzt wird das Ganze so vielfältig angestrahlt und beleuchtet, dass eine Choreografie aus Licht, Musik und Kunstobjekten entsteht. Ein riesiger Freizeitpark mit tausenden Menschen bis in die Nachtstunden hinein und für uns ein grandioser Abschluss einer Erkundung dieser spektakulären Metropole.

Indonesien

Sulawesi

In einem Text von Thomas von Randow „BALI – Paradies auf dem Vulkan“ (Heyne Reisebücher: 2 Wochen in Fernost, Hrsg. Ferdinand Ranft) habe ich folgendes gelesen:

„In der Umgangssprache der Balinesen, einem malayo-polinesischen Dialekt, gibt es kein Wort für „Ausländer“ oder „Fremder“. Um jemanden zu bezeichnen, der von einer anderen indonesischen Insel oder aber aus dem zwölftausend Kilometer entfernten Europa kommt, muss der Eingeborene den gleichen Ausdruck benutzen, mit dem er den willkommenen Besucher vom Nachbarhaus benennt, „tamu“, zu deutsch: Gast.“

Willkommen wie ein Gast kommen wir uns in Indonesien vor – immer und ohne Ausnahme.

Als unser Airbus der Silk Air in Makassar aufsetzt und wir bald umgeben sind von den strahlenden Gesichtern der Einheimischen, müssen wir an diese Geschichte denken. Dieses Strahlen der meist tiefbraunen Augen ist es, das uns gefangen nimmt – vom ersten bis zum letzten Moment auf Sulawesi – unserer Heimat für die nächsten 7 Wochen.

Nicht jede Begegnung soll hier dokumentiert werden, aber die wichtigsten Stationen unserer Reise sollen in diesem Bericht enthalten sein.

Die erste Station ist Makassar, die Inselhauptstadt ist mit ca. 1,3 Mio. Einwohnern sogar noch gut 200.000 Einwohner größer als Köln. Schon hier macht sich bemerkbar, dass Indonesien mit insgesamt ca. 255 Mio. Einwohnern der weltgrößte Inselstaat und der viertgrößte bevölkerungsreichste Staat der Welt ist. Die Fläche von 1.904.569 km2 verteilt sich auf 17.508 Inseln und Sulawesi ist eine der größten. Diese Größe und das geschäftige Treiben haben wir so nicht erwartet – da ist nichts von Tropen und Regenwaldatmosphäre zu spüren – nur die Temperatur mit 32 Grad Celsius lässt uns die Lage unseres Standortes spüren.

Es waren die Makassaren, die hier im Bereich der Hafenstadt Ujung Pandang Handel betrieben und die Meerenge kontrollierten. Aus Ujung Pandang wurde das heutige Makassar, die fünftgrößte Stadt des Landes. Es sind nur wenige Hochhäuser, die das sonstige Häusermeer überragen. Aus unserem komfortablen Zimmer des Hotels Novotel haben wir einen weiten Blick in Richtung Hafen, der einen Besuch lohnt. Hier liegen die Schiffe der Makassaren und Bugis, dem Seefahrervolk, das den Ruf hat, als frühere Piraten unterwegs gewesen zu sein.

Bald tauchen wir ein in das dichte Treiben der Straßen und Gassen. Besonders in der Markthalle ist das Gedränge groß und von der Vielfalt der Gemüse- und Früchtesorten, der Fleisch und Fischangebote sind wir bald wie erschlagen – wenn da nicht die immer freundlichen Indonesier wären. Die laden uns immer wieder zu Selfies ein, präsentieren strahlend ihre Waren und lachen in die Kamera. Es sind die unterschiedlichsten Gesichter. Immerhin bilden insgesamt etwa 360 verschiedene Völker, meist malaiischer Herkunft, das heutige Indonesien. „Bhinneka tunggal ika“ – Einheit in Vielfalt – so heißt der indonesische Wahlspruch und dieses Motto ist nahezu immer zu spüren. Immerhin ist es hier gelungen, diese Völkervielfalt aus teilweise kriegerischen Völkergruppen – Kopfjägern – ohne Bürgerkriege zusammenzuführen und zu einem Staat zu verschmelzen, ohne dass diese Gruppen ihre Traditionen und Rituale völlig aufgegeben haben. Und das ist das Spannende in Indonesien!

Wir sind unterwegs im gemieteten Auto mit Fahrer in Richtung Tana Toraja. Zehn Stunden Autofahrt liegen vor uns, als am Straßenrand viele parkende Autos, Menschen und buntes Treiben auffallen.

„It is wedding“, meint unser Fahrer und reagiert sofort auf mein hastiges „Stop, stop please!“ Nach den Reiseführern gibt es hier zwei Arten besonderer Zeremonien: Freudenfeiern und Trauerfeiern – und da sind die Hochzeiten von besonderer Bedeutung. Einen Tag lang wird mit möglichst vielen Menschen gefeiert. Es wird extra ein Bambushaus oder wie hier ein großes Zelt errichtet, um all die Gäste zu empfangen und zu bewirten. Bis zu 40 Schweine, so lese ich im Reiseführer, werden geschlachtet, um das üppige Fest standesgemäß zu feiern. Bei so vielen schön gekleideten Menschen traue ich mich gar nicht, mich so richtig zu nähern. Aber ich erfahre das Gegenteil. Ich werde aufgefordert, alles und alle zu fotografieren und lande schließlich direkt bei Braut und Bräutigam auf der Tribüne. Eigentlich schäme ich mich ein bisschen, mit Jeans und Knitterhemd zwischen den hübschen und gut gekleideten Gästen zu stehen, aber man will Selfies mit mir machen.

Braut und Bräutigam sind in traditionelle Gewänder gekleidet und der Familienschmuck glitzert an Kopf, Hals und an den Armen. Die stark geschminkten Gesichter der Damen lassen manche fast maskenhaft erscheinen, alle strahlen mich an und wollen fotografiert werden. Ich schieße ganze Serien von Müttern mit ihren Töchtern und von einfach schönen und lieben Menschen – werde aufgefordert, am großen Buffet zuzulangen. Aber wir müssen leider weiterfahren, Anke und der Fahrer warten schon.

Palmen säumen die Straße. Die großen grünen Blätter der Bananenpalmen und die Aussicht auf die hier trockenen Reisfelder bestimmen bald das Bild. Die ersten Wasserbüffel tauchen auf den Feldern auf. Es wird ländlicher, bald werden auch die Häuser schöner, meist sind es Holzhäuser auf Stelzen.

Vor uns taucht auf der Straße ein Lastwagen auf. Auch wenn wir ihn immer wieder überholen, beim nächsten Fotostopp holt er uns ein und schaukelt wieder vor uns über die Landstraße. Er ist voller weißer Hühner, die in engsten Drahtkäfigen eingepfercht sind und sich kaum bewegen können. Einige sind schon halb tot, die Köpfe hängen leblos aus dem Drahtgefängnis.

“Ich esse kein Hühnerfleisch mehr“, ruft Anke angeekelt und entsetzt, dann verschwindet der Laster endlich weit hinter uns.

Bald darauf wird es endlich etwas naturnaher. Nicht mehr eine gerodete Landschaft mit Kokos- und Bananenplantagen oder Reisfeldern sehen wir neben der Straße, sondern wir durchfahren tropischen Regenwald – sicher nicht in seiner ursprünglichen Form. Trotzdem – es ist ein Traum von Grün, Blättern in jeder Form und Größe, Lianen und Bambus. Auch die Orte werden schöner und sauberer. Gegen 18 Uhr – wir sind längst im hügeligen Bergland – färbt sich der Himmel für zehn Minuten rosa, dann wird es finster. Auf der windungsreichen Straße geht es kaum schneller als 50 km/h voran und schon diese Geschwindigkeit kommt uns wie Achterbahnfahren vor.

Ein Portal hat uns darauf hingewiesen: Wir sind in Tana Toraja.

Tana Toraja

In unserem geliebten Reiseführer „indojunkie: Sulawesi“ steht die bemerkenswerte Beschreibung „Die Gegend im Land der Toraja ist magisch und ihre Kultur zieht dich in ihren Bann“. Diese Aussage ist nicht nur genial, sondern sie stimmt mit jeder Silbe! Wir erleben diese Magie bereits noch am Abend unserer Ankunft in Rantepao: Unsere Unterkunft Data 88 cottages besteht aus einer Ansammlung traditioneller Holzhäuser im Toraja-Stil. Wir beziehen eines dieser Häuser, d. h. wir laden unsere Rucksäcke ab und kontrollieren Betten und Handtücher, die kleinen Mitbewohner – ein paar Gekkos und eine 3 cm große Schabe – akzeptieren wir. Ein wettergegerbter origineller Toraja stellt sich uns vor: Jatim – unser Führer für die nächsten Tage und sicher einer derjenigen, die uns Sulawesi unvergeßlich gemacht haben. Er ist nicht nur versiert bei der Beantwortung aller Fragen zu Land und Leuten, sondern führt uns auch einfühlsam zu den Orten, die nicht nur musealen Charakter haben, sondern an denen Tradition und historische Kultur noch gelebt wird.

Die Besichtigung einer Baustelle eines traditionellen Holzhauses ist für mich als Architekten nicht nur ein Schock – was die Sicherheit der auf den dünnen Bambusgestellen herumkletternden Bauleute betrifft – sondern auch ein toller Beweis dafür, dass die Tradition der Holzhäuser mit den geschwungenen Dächern hier noch gelebt wird. Das Ganze wird noch bei einem Glas trüben Palmenwein begossen. Etwas verschmitzt lächelt der Torajer, als ich den Wein prüfe: Man soll nicht zu viel davon probieren!

Die Tradition der Totenkulte in Toraja reicht nicht nur ca. 800 Jahre zurück, sondern sie ist ungeheuer vielfältig. So wurden die Toten immer mit großem Fest in Totenhäusern, in Holzsarkophagen und Felsennischen oder in Felsenkammern, die aufwendig in den Basaltstein der Vulkanauswürfe gemeißelt worden sind, zur Ruhe gebettet. Allerdings mussten ihre Gebeine den nachfolgenden Generationen weichen und wurden außerhalb der Behältnisse weiter geehrt und aufbewahrt: Reihenweise zieren die Totenschädel die Felsvorsprünge der entsprechenden Höhlen – für uns eine etwas skurile und makabere Situation. Aber man ist nicht allein, denn es sind die hölzernen Tautau, geschnitzte Totenfiguren, welche die Ahnen bewachen und an sie erinnern sollen. Meist sind sie nur ca. 50 cm groß, aber es gibt sie auch in lebensgroß.

Eine weitere Besonderheit der Totenkulte ist der Umgang mit Kindern, die bis zum 3. Lebenstag gestorben sind: Ein heiliger großer Baum wird als Begräbnisplatz genutzt. Es werden Löcher in den Stamm geschlagen, in die das tote Kind hineingestellt wird. Anschließend wird das Loch verschlossen und mit einem Palmwedelvorhang versehen. Der Glaube sagt nun, dass die Kinder mit dem Baum weiter wachsen. Im 14. Jahr kommt ein Engel, der auf einem Nachbarbaum gewartet und das Kind bewacht hat, herbeigeflogen, holt das Kind ab und führt es ins Paradies. – Ich habe noch keinen getroffen, dem ich diese Geschichte erzählt habe und dem nicht die Rührung ins Gesicht geschrieben stand – nur die christlichen Missionare, die ab 1913/14 das Gebiet der Toraja missionierten, hatten für derartige heidnische Gebräuche wenig Verständnis und so wurden diese Traditionen verboten. Es wird gesagt, dass diese Bestattungstradition dennoch in manchen Gebieten weiter lebt.

Berührt und beeindruckt steigen wir durch den Palmen-Bambusdschungel, der offenbar für uns noch viele Geheimnisse bereithält. Eine Grüne Peitschenschlange windet sich vor uns durch das Geäst – kaum zu erkennen ist der schlanke grüne Körper. Grüner Baumschnüffler wird er auch genannt, es liegt wohl an seinem schmalen langen Kopf, dass er diesen Namen trägt. Es ist zwar eine Giftschlange, aber sie ist mit nur einem Meter eher klein und die Giftzähne liegen so weit hinten im Maul, dass sie Menschen kaum gefährlich werden kann – so steht es jedenfalls in den Büchern! Bis auf eine weitere Schlange, die sich eine Kokospalme hinaufwand, haben wir keine weiteren Schlangen gesehen – nur eine Python, in Stücke zerhackt auf dem Verkaufstisch auf dem Markt in Tomohon. Eigentlich sind wir ganz froh über diese wenigen Schlangenfunde, so können wir die herrliche Umgebung genießen.

Es ist eine einmalige Landschaft, in der wir hier rund um Rantepao unterwegs sind. Es geht entlang weitläufiger Reisfelder, die umgeben sind von traumhaften Bergformationen. Kleine Dörfer schmiegen sich mit Ihrer wunderbaren Toraja-Architektur in diese bewegten grünen Kulissen. Das Interessante ist bei den Reisfeldern, dass manche braun und abgeerntet liegen, andere im herrlichen satten Grün leuchten. Wir machen eine kleine Wanderung durch diese wunderbare Reisfelderlandschaft und kommen dabei durch jahrhundertealte traditionelle Toraja-Dörfer mit den typischen Holzhäusern.

Immer wieder kommen wir an großen Lavafelsen vorbei. In grauer Vorzeit muss ein riesiger Vulkanausbruch hier tonnenschwere Lavabomben ausgeblasen haben, die jetzt wie riesige Marmeln herumliegen. In einigen sehen wir immer wieder Felsengräber. Ca. 8 Monate dauert es, ein solches Felsengrab in den harten Stein zu hauen. Die Strecken, die wir in Toraja zurücklegen sind voller Eindrücke und Sehenswürdigkeiten.

Plötzlich wird es vor uns hektisch auf der schmalen Straße. Überall laufen bepackte Menschen,

Schweine werden von Lastwagen abgeladen und liegen an Bambuspfählen gebunden am Straßenrand, quieken, als ob sie bald abgestochen werden – in was für einen Stau sind wir geraten? Unser Führer Jatim hat uns zu einem großen Begräbnisfest geführt. Beerdigungszeremonien gehören zu den großen Ereignissen und bilden quasi den Mittelpunkt des Lebens. Je höher der gesellschaftliche Rang des Verstorbenen ist, desto aufwendiger wird seine Beerdigung und damit auch der richtige Zeitpunkt dafür ausgewählt werden kann und genügend Geld gespart ist, bleibt der Körper des Verstorbenen so lange im hinteren Teil des Hauses als ob er schlafen würde. Gegen die Verwesung wird der Körper mit Formaldehyd behandelt und so bis zu mehreren Jahren konserviert. Ihm werden Nahrung und Genussmittel gereicht wie einem Kranken, nachts schlafen Frau und Kinder neben dem toten Körper.

Ist dann der Zeitpunkt des Beerdigungsfestes gekommen, so wird dieses bis zu 7 Tage lang gefeiert mit hunderten von Gästen.

Bei der Beerdigung, die wir erleben, ist es der 2. Tag des Zeremoniells, der Tote ist in einem großen hölzernen und farbigen Sarkophag aufgebahrt. Als Ehrengäste dürfen wir in der Nähe Platz nehmen und bekommen Kaffee und Kekse gereicht. Jeder bringt Geschenke mit, die genau registriert werden. Zum Glück hat Jatim für uns eine Stange Zigaretten gekauft. Der Weg ist gesäumt von langen Tribünen, in der die Gäste sitzen. Dazwischen liegen dunkle Schweine an langen Bambusstämmen gefesselt. Lautes Quieken übertönt das Stimmengewirr. In verschiedenen Häusern um den Platz sitzen Gäste, meist sehr schick gekleidet, einige Frauen auch in traditionellen Kleidern. Auf dem Platz liegt ein zerteilter Büffel. Fleisch, Fell, Blut, Kot und Dreck mischen sich, der Duft gibt sein Übriges und dazwischen liegen halbtote oder quiekende Schweine an den Bambusrohren.

Ein Vorsager ruft mit Mikrofon die Namen derjenigen auf, die Geschenke herbeibringen. Immer wieder werden neue Schweine herbeigeschafft, die Spender aufgerufen, es ist ein ständiges Kommen und Gehen. Abseits des Platzes werden die ersten Fleischstücke auf kleinen Feuern gebraten. In den mit Blättern zugestopften Bambusrohren werden Innereien und Fleisch gegart.

Insgesamt sind es ca. 1000 Menschen, rund 100 Schweine werden geschlachtet und verzehrt, 4 bis 5 Büffel, Palmenwein, Tee und Kaffee werden herumgereicht – für die vielen Kinder dazwischen ist es eine große Spielwiese.

Wir verlassen diese Zeremonie, wandern ein Stück durch den Regenwald bis das Quieken der Schweine und das ständige Lautsprechergedröhn nicht mehr zu hören ist und nehmen so wieder die etwas ruhigeren Klänge der Region auf. Dann genießen wir wieder den weiten Blick über die Reisfelder – es fällt nur sehr schwer, hier Abschied zu nehmen.

Sengkang

Es sind drei Dinge, die mich immer wieder faszinieren: Die üppigen Blätter der Bananenpalmen, die hohen wogenden Kokospalmen und dahinter eine tolle Gebirgskulisse. Die Reisfelder wechseln, Mal sind sie saftig grün, dann sind sie braun, trocken und abgeerntet. Die Hütten am Straßenrand sind meist staubig. Häufig sind sie auf Stelzen gebaut, sicher wegen der Regenzeit und wegen der herumstreunenden Tiere. Die Ausblicke auf die Gebirgswelt ist immer wieder grandios, ehe wir wieder durch Flachland fahren in Richtung Sengkang.

Die Stadt Sengkang wird als das Zentrum der traditionellen Seidenweberei beschrieben. Es war das ehemalige Bugis-Königreich. Der Seefahrer Thomas Forrest schrieb 1792 in Voyage from Calcutta: „Die Bugis sind feurige Leute; sie ertragen keine schlechte Behandlung; sie lieben Abenteuer, Auswanderung und sind imstande, die gefährlichsten Unternehmungen zu wagen“. Sie wurden als Seefahrer geachtet und als Piraten gefürchtet.

Mit unserer Tour haben wir vor, das kleine See-Dorf der Bugis auf dem großen Tempe-See zu besuchen. Das schwimmende Dorf Salotangah mit ca. 40 Häusern liegt mitten im See und ist nur mit dem Motorboot erreichbar. Laut knatternd bringt uns das Longtailboot auf einem kleinen Fluss auf den offenen See. Weiße Kuhreiher, Stelzenläufer, Möwen und Seeschwalben fliegen kreischend vor uns auf, als wir mit dem knatternden Boot näher kommen.

Neben uns am Ufer zieht das ganz normale Alltagsleben am Seeufer vorbei. Die einfachen auf Stelzen errichteten Holzhäuser machen keinen vertrauensvollen Eindruck, alles wirkt schief und krumm, bald verändert sich der Uferbereich. Er wird sumpfig grün. Der See öffnet sich und vor uns liegt eine weite offene Wasserfläche, in der viele Stangen und Holzgerüste errichtet sind, wohl für die Netze der Fischer. In einiger Entfernung sehen wir schon unser Ziel, das Fischerdorf. Es ist eher eine lockere Ansammlung von Holzhäusern, die malerisch auf der Wasseroberfläche zu schwimmen scheinen.

Wir laufen ein Haus an und werden dort von einem freundlichen Fischer empfangen, der hier mit seiner Familie, Frau, Sohn und Tochter, lebt. Das auf Stelzen errichtete Holzhaus ist von einem Steg umschlossen. Das Leben spielt sich hier nur in den Stelzenhäusern, in den Booten auf dem See und auf den wackeligen Bambusstegen ab. Es ist ein ständiges balancieren auf den runden glatten Hölzern. Während wir noch eher herumzappeln, gehen die Einheimischen mit sicheren Schritten über die schwankenden Planken und Bambusrohre. Im hinteren Teil der Steganlage sind kleine Fische zum Trocknen ausgebreitet. Diese werden auf den Märkten verkauft und vielfach dann zu Fischsoßen und Pasten verarbeitet. Wer als Europäer diese Fischsoßen einmal probiert hat – im Regelfall bestehen sie aus Trockenfisch, Chilli und Knoblauch – der vergisst den Geschmack nie wieder, aber auch der Appetit auf derartige indonesische Besonderheiten kommt so schnell nicht wieder.

Wir setzen uns lieber in den Schatten, ein leises Schwanken zeigt, dass wir hier unsere gewohnte feste Erde verlassen haben. Es werden Kaffee, Tee und gebackene Bananen gereicht. Uns umgibt eine Stimmung, die nicht von dieser Welt zu kommen scheint. Das leise Glucksen des Wassers, die meist fernen Vogelstimmen stellen die sanften Töne dar, welche die unendliche Ruhe nur manchmal unterbrechen. Die Zeit scheint langsamer zu gehen – oder ist es nur die Stimmung der untergehenden Sonne, die unsere Sinne beherrscht?

Erst in völliger Dunkelheit sind wir zurück und betreten wieder das feste Ufer in Sengkang.

Togian-Inseln

Indonesien verteilt sich über ein riesiges Gebiet mit mehr als 17.000 Inseln. Zu den größten zählt Sulawesi, aber auch das ist „nur“ eine Insel, die von vielen kleinen Inseln umgeben ist. 56 Inseln liegen davon im Golf von Tomini, und das sind die Togian-Inseln. Rund 40.000 Einwohner leben auf diesen Inseln in 37 Dörfern – genug, um auf Entdeckungsreise zu gehen.

„Wir sind im Paradies angekommen!“ schreibe ich in mein Tagebuch, sitze erschöpft und schwitzend auf der Veranda unseres Strandpavillons, lausche dem Wellenschlag des glasklaren Wassers und dem leichten Rauschen der Kokospalmen.

Die Togian-Inseln liegen alle im Togian-Nationalpark mit dem Hauptort Wakai, der auch den wichtigsten Hafen der Region hat. Regelmäßig fahren Fähren diesen Ort an, so dass die Zufahrt gesichert ist, meist geht es dann mit kleinen Booten weiter zu den abgelegenen Resorts auf den einzelnen Inseln. Laut knattern die Motoren im Hafen, so dass man froh ist, dem Trubel bald zu entkommen, es ist nur schwierig, vorher das „richtige“ Resort zu wählen. Wir haben uns auf der kleinen Insel Kadidiri das Paradise Dive Resort – gut 20 Minuten Bootsfahrt von Wakai – und später das Sandy-Bay-Resort auf Malenge herausgesucht – und haben es nicht bereut.

Soll man sich noch bemühen, ein Paradies zu beschreiben? Eines muss vielleicht noch zu den biblischen Geschichten, dem wunderbaren Garten Eden, ergänzt werden: Hier geht das Paradies auch unter Wasser weiter und verzaubert uns durch eine bunte üppige Unterwasserwelt.

Milda Drüke beschreibt in ihrem Buch “Die Gabe der Seenomaden“:

Ich erreiche die Riffkante, bleibe über den Korallen, sehe hinüber in das endlose Blau, drehe ihm den Rücken zu, löse mich von der Kante, sehe die Riffwand in der Tiefe unscharf werden, spüre die ungeheure Ruhe, die mich umgibt, eine Ruhe der Farben, des Lichts, der Lebewesen. Eine Ruhe, die in die Poren dringt. Es gibt viel zum Staunen.

Jeweils 5 Tage bleiben wir an einem Ort und lassen uns verzaubern und verwöhnen. Nur wlan gibt es hier nicht – keine Kontakte zur hektischen Außenwelt, keine Kontakte zu den „Zeit-ist-Geld-Typen“, aber auch keine Kontakte zu den Daheimgebliebenen! Dafür geht die Welt hier auf jeden Fall langsamer!

Barracuda Beach auf Kadidiri – verschollen oder ein neues Lebenszeichen?

Kaum hat man das Resort verlassen, geht es steil bergauf und es geht auf schmalem Trampelpfad durch den Dschungel. Bald schlagen hinter uns die grünen Zweige der exotischen Pflanzen zusammen, hohe Kokospalmen überragen den Pfad. Es ist nicht einfach, den richtigen Weg durch das Gewirr von Pflanzen zu finden. Neben uns liegt eine nasse Suhle, hier hatten offensichtlich Wildschweine ihr Vergnügen besonderer Art, wir versuchen, nicht auszurutschen und darin zu landen. Uns begleiten zum Glück die zwei Hunde des Resorts, unaufhaltsam sausen sie vor und neben uns durch das wirre Gestrüpp, aber zeigen sie uns auch den richtigen Weg?

Bald erscheint es uns unheimlich, haben wir uns verlaufen, gibt es überhaupt ein Zeichen, dass wir noch in der richtigen Richtung laufen?

Zum Glück lichtet sich vor uns plötzlich das dichte Grün, es wird heller und heller – vor uns öffnet sich die Barracuda Beach.

Nur mit einer kleinen Gruppe junger Leute haben wir die weite Sandbucht für uns allein. Hier in der einsamen Bucht fühlen wir uns fast wie in dem Film „Verschollen“, mit den vier hübschen jungen Bikinischönheiten lasse ich mir das gefallen. Auch das Korallenmeer ist hier noch etwas unberührter, als vor unserem Resort.

Aber es gibt einen ernsthaften Grund für unsere kleine Dschungeltour: Hier auf dieser Seite der Insel Kadidiri soll es in bestimmten Bereichen Handy-Empfang geben. Der Grund für unsere Sehnsucht nach Hause ist ernst: Kurz nach unserer Durchreise durch Palu nach Ampana hat ein schrecklicher Tsunami die Stadt Palu in weiten Teilen verwüstet. Über 2000 Tote – die Nachrichten in der Heimat müssen schockierend gewesen sein, keiner wusste, warum wir uns nicht melden konnten – waren wir betroffen? Wir sollen schon auf einer Vermisstenliste des Ministeriums gestanden haben. – Ich habe Glück und kann Nils per handy erreichen, er ist sichtlich beruhigt als er meine Stimme hört.

Da ist es noch viel schöner, zusammen mit den anderen die herrlich einsame Beach – das Verschollen-Sein mit einer netten Gruppe zu genießen. „Reisegruppe Paradies“ nennen wir später die whatsApp, über die es noch lange Kontakte gibt.

Yellyfish-lake auf Kadidiri

Mit dem Boot ist es eine Stunde Fahrt vom Resort zum Yellyfish-lake. Vorbei geht es an karstigen Felseninseln und schönen Buchten rund um Kadidiri. Ein kleines Dorf mit Holzhäusern auf Stelzen taucht auf, daneben ein größeres Gebäude – eine Schule. In einer steinigen Bucht müssen wir über schrottige und spitze Korallenreste an Land kraxeln, um dann nach wenigen Metern auf der anderen Seite der Landzunge über einen Holzsteg in einen See zu gelangen. Das Wasser hat Badewannen-Temperatur und ist etwas trübe. Um uns herum schwimmen viele rötlichbraune Quallen. Es ist Salzwasser, aber der See ist nicht mehr direkt mit dem Meer verbunden. So haben sich mangels natürlicher Feinde die Quallen vermehrt, aber ihre Nesselarme verloren. Sie sind jetzt nicht mehr gefährlich und verursachen keine Brandstellen auf der Haut. In dem ruhigen Wasser lassen wir uns an den zarten Tieren vorbeitreiben und genießen die „gläserne“ Anmutigkeit ihrer runden schirmartigen Körper.

Das Seenomadendorf Pulau Papan

Auf der sope (Arbeitskanu) flackert ein Feuerchen. Geräusche. Kaffee wird zubereitet. Der alte Seenomade singt. Seine Stimme hört sich glücklich an. Selbstvergessen. Eine lange Dünung wiegt sacht die sope. Das Atmen des Meeres. Das Atmen der Welt.

So beschreibt Milda Drüke in ihrem Buch “Die Gabe der Seenomaden“ das Leben bei den Wassermenschen in Südostasien. Wir haben sie erlebt, die Seenomaden auf den Philippinen, auf Borneo und hier in Indonesien. Fast überall sind sie inzwischen allerdings nicht mehr die nomadenhaft in Kanus umherziehenden Menschen, sondern sie sind sesshaft geworden mit Holzhütten direkt über dem Meer, fast im Meer. Und immer noch ist es der Fischfang und das Meer, das ihr Leben bestimmt.

Auf Malenge ist es der Stamm der Bajau, die hier inzwischen sesshaft geworden sind. Es gibt einen ca. 800 m langen Holzsteg, der das Seenomadendorf Pulau Papan mit der Insel Malenge verbindet. Der tägliche Schulweg der Kinder sollte sicherer werden.

Eine Gruppe Kinder kommt uns entgegen, fröhlich und herumtollend – schließlich ist die Schule aus. Ein langer Speer kommt zum Einsatz und sofort wird ein Treffer erzielt und ein kleiner Korallenfisch hängt aufgespießt an der Speerspitze. Das Dorf ist nur auf Pfählen errichtet, zwischen den Stegen sind die Kajaks und Boote angebunden und Netze aufgehängt. Die Boote schaukeln leicht in der Dünung. Für uns erscheint es idyllisch, für manch einen primitiv und einfach. Ein paar kleine Kinder laufen über die Stege, nackt und braun von der Sonne gegerbt, eine Frau kommt uns entgegen im langen gelben Kleid und mit stolzem Gesichtsausdruck. Viele der Bajau auf Sulawesi gehören dem Islam an, aber der alte Glaube ist noch geblieben und so sind sie auch nach wie vor an das Meer gebunden – an Land leben nach Ihrem Glauben nur die Ahnen und die bösen Geister.

Wir schlendern durch das Dorf auf den wackeligen Holzstegen über dem Wasser, bestaunen ein paar Hummer, die in einem Fangnetz unter uns liegen – aber wir fühlen uns etwas unsicher, stören wir nicht in dieser kleinen Dorfwelt? Ein frecher Hahn stolziert auf einem Geländer entlang, sucht den höchsten Punkt auf einer blühenden Pflanze am Geländer und schreit sein Kikerikie heraus, als wollte er uns vertreiben – wir folgen seinem schrillen Kommando.

Die Fledermaushöhle – das Tor zur Hölle

Auf den Togians gibt es Flughunde und Fledermäuse. Die Fledermäuse sind eine Säugetiergruppe, die zusammen mit den Flughunden die Ordnung der Fledertiere, auch Flattertiere genannt, bilden. Gespenstisch fliegen sie im Zickzackflug am Nachthimmel umher. Während die Flughunde reine Vegetarier sind und auf ihren Nahrungsbäumen die Früchte fressen, segeln die Fledermäuse umher, auf der Jagd nach Insekten.

Fledermäuse üben eine besondere Faszination auf den Menschen aus. Sie können vieles, was der Mensch nicht kann und wirken deshalb etwas unheimlich. Werden sie deshalb so oft mit Hexen und Fabelwesen zusammen dargestellt? Denkt nicht jeder gleich an Vampire und andere Fabelwesen?

Auch was das Verhalten am Tag betrifft, gibt es deutliche Unterschiede zwischen Fledermäusen und Flughunden. Während Flughunde oftmals zu Tausenden kopfüber an sogenannten Schlafbäumen hängen, verstecken sich Fledermäuse in dunklen Höhlen, Felsspalten und Baumlöchern.

Der Bootsfahrer auf Malenge bietet uns an, zu einer Fledermaushöhle zu fahren. Wir können im Korallenmeer nicht direkt an der richtigen Stelle aussteigen und so geht es ca. 1 km über holprige Korallensteine, dann auf einem mit Betonplatten ausgelegten Dschungelpfad steil bergauf noch einmal ca. 1 km weit durch den stickig schwülen Regenwald, und schließlich tut sich vor uns ein großes dunkles Felsenloch auf. Keiner hat eine Taschenlampe mit und so geht es auf glitschigem Pfad in ein schwarzes stinkendes großes Loch hinein. Ätzender Salmiakgeruch schlägt uns entgegen und raubt uns den Atem. Bald ist es stockfinster. Das Kreischen und Kieksen um uns herum verdichtet sich vor uns zu einem lauten Rauschen – es ist nichts zu sehen und es stinkt entsetzlich. Nur im Schein meines Suchlichtes der Kamera sehe ich über und neben uns an den Wänden und der Decke hunderte leuchtender Augen. Ich blitze ins Dunkel hinein – was wird meine Kamera offenbaren?

Zum Glück rutscht keiner auf dem von Kot getränkten Boden aus. Fast benebelt treten wir den Rückzug an und erreichen wohlbehalten wieder das Tor zur Hölle. – Ein Erlebnis der besonderen Art!

Damit sind die Erlebnisse mit Fledermäusen auf Sulawesi aber noch nicht zu Ende: Eine noch speziellere und unvergessliche Geschichte ist es, auf dem Markt in Tomohon einkaufen zu gehen. Er wird als der grausigste Lebensmittelmarkt der Welt beschrieben: Hunde, Katzen, Ratten, Python und Fledermäuse liegen zum Kauf auf den Tischen. Fast dämonisch mit weit aufgerissenen Mäulern liegen die schwarz abgeflämmten Fledertiere mit weit ausgebreiteten Flügeln zum Kauf bereit. Das Fleisch soll besonders zart sein, die Flügel knusprig – Anke wendet sich angeekelt ab und auch mir ist nicht ganz wohl bei der Vorstellung eines Festmahles mit diesen Zutaten.

Nord-Sulawesi

Tropischer Regenwald

Worin begründet sich eigentlich die Faszination des Begriffs Tropischer Regenwald?

Ich kann mich erinnern, dass ich schon als kleiner Schuljunge bunte Regenwaldbilder gemalt habe und fasziniert war von der Vielfalt der Arten und ihrer exotischen Ausstrahlung. Es war die Grundschule in Bremerhaven an der Deichstraße, die Goetheschule, die ich besuchte. Ein Gebäude der 50-iger Jahre, das heute unter Denkmalschutz steht und das im Foyer einen langen gläsernen Gang hatte. Hier gab es ein langes großes Pflanzbeet, das bestückt war mit Pflanzen, die es sonst nur in Büchern zu sehen gab: Ein Kaffeestrauch mit Kaffeebohnen, verschiedene Palmen, eine Bananenpalme, eine blühende Ananas und vieles mehr. Hier konnte ich mich hineinträumen in exotische Welten voller bunter Vögel, Schmetterlinge und Blüten. Sind es diese frühen Erlebnisse, die so prägend sein können? Geblieben ist für mich die Wirkung, die der Begriff des tropischen Regenwaldes auf mich hat.

„Ein großes, unordentliches, üppiges Gewächshaus“, so beschreibt Charles Darwin seinen ersten Eindruck vom Regenwald während seiner Forschungsreise auf der Beagle im Jahr 1830. (Quelle: Th. Marent, Regenwald, DK o. J.).

Was schafft diese Faszination REGENWALD?

Es ist die Artenvielfalt: immerhin gibt es im immergrünen Regenwald die größte Artenvielfalt der Erde. Es werden im tropischen Regenwald mehr als 30 Millionen Tier- und Pflanzenarten geschätzt.

Es ist die Exotik: Immerhin sind von den tropischen Tierarten sehr viele endemisch, also nur dort zu finden.

Es sind die Menschen: Immerhin gibt es noch heute Ureinwohner, die fernab der uns bekannten Zivilisation leben und die heute extrem bedroht sind.

Es ist das besondere Klima: Die Niederschlagsmenge liegt mit jährlich 2000 bis 4000 mm fünfmal höher als in Mitteleuropa, wo die Werte bei 400 bis 800 mm liegen.

Auch wenn tropische Regenwälder heute als notwendig für das Bestehen der Menschheit eingestuft werden, so sind sie doch extrem bedroht, in Süd- und Mittelamerika, Afrika, Australien, Südasien und Südostasien – auch in Sulawesi. Beiderseits des Äquators bis ungefähr zum 10. Breitengrad dehnen sich die tropischen Regenwaldgebiete aus und bedecken heute nur noch 7 % der Erdoberfläche. Mit 95 Millionen Hektar tropischer Waldfläche gehört Indonesien zu den bedeutendsten Ländern für Regenwaldschutz. Während es noch um das Jahr 1900 etwa 16 Millionen Hektar Tieflandregenwald auf Sumatra gab, sind diese auf heute etwa 0,25 Millionen geschrumpft – ein Verlust von über 98 %!

Nordsulawesi liegt kurz oberhalb des Äquators, hier haben sich noch große Regenwaldgebiete erhalten, insbesondere auch dank der Unterschutzstellung durch die Nationalparke. Die Wälder Indonesiens gehören zu den ältesten der Welt. Vermutlich gab es sie schon vor 100 Millionen Jahren – inzwischen sind sie zerstückelt und beängstigend zerstört.

Wir wollen sie erleben, dort, wo sie für uns erreichbar sind und das ist vor allem in den Nationalparks.

Jeder Regenwald ist anders, doch alle überwältigen unsere Sinne durch ihre Intensität und ihre natürliche Schönheit“, schreibt Thomas Marent in seinem Buch „Regenwald“. Wir erleben diese Schönheit und Vielfalt wenigstens am Rande dieser exotischen und für uns geheimnisvollen Gebiete.

Kotamobagu

Tambun und Bogani Nationalpark

Schon das Frühstück in Nord-Sulawesi ist etwas Besonderes: Gebratene, scharfe Fischköpfe, Auberginen, Tofu und Reis – die Fischköpfe riechen streng und sind so mit scharfem, roten Chilli vermischt, dass wir sie als Europäer für ungenießbar halten. Während die Indonesier sie mit großem Appetit verspeisen, halten wir uns lieber an trockenen Reis und Gemüse.

Die Fahrt zum Nationalpark ist schwieriger, als wir zunächst angenommen haben. Der erste Tucktuck-Fahrer lehnt ab, der zweite bringt uns nur bis zum Stopp der Sammeltaxen. Hier steigen wir ein – es scheint eng zu werden. Als wir eine Zeit lang im stickigen Sammeltaxi sitzen und auf einheimische Mitfahrer warten, kommt Anke in Panik – wir steigen lieber in ein individuelles Taxi um und mieten es für den heutigen Tag. Bald umgeben uns Reisfelder und Kokosplantagen und im Hintergrund ragen die Gebirgsketten von Sulawesi Provinz Utara auf. Besonders dort, wo die Bauern auf den Reisfeldern arbeiten, sehen wir die weißen Reiher in Schwärmen.

Die letzten Kilometer bis zum Maleo-Center sind eine Tortur: Die Piste ist eine Mischung aus Schlaglöchern, Pfützen, Schotter und unbefestigten Matschflächen – jetzt verstehen wir die Skepsis der Tucktuck- und Taxifahrer. Nur unser Fahrer bleibt gelassen, er hat einen guten Preis ausgehandelt.

Das Maleo-Center, Infostelle des Tambun und Bogani Nationalparks, ist eine sehr gepflegte schöne Anlage mit einem Steinhaus als Verwaltungsgebäude und einem Holzhaus. Max, ein Indonesier, wohnt mit seiner Familie hier. Er ist unser Führer durch den Regenwald, der hier direkt hinter dem Haus beginnt. Sofort schlagen die großen schirmartigen Blätter der endemischen Palmenart hinter uns zusammen, wir folgen Max auf einem schmalen Pfad entlang eines kleinen Bachlaufes.

„Hot water!“, deutet Max an und wirklich ist das Wasser ca. 40 bis 42 Grad heiß. Über uns rauscht ein großer, schwarzer Hühnervogel vorbei. Ein endemisches Hammerhuhn, zu schnell ist es im dichten Regenwald verschwunden. Die Urwaldbäume erreichen hier eine gewaltige Höhe. Urwaldriesen von mehr als 30 m Höhe sind die Gewinner im Kampf um das Sonnenlicht. Sie ragen weit über das geschlossene Blätterdach hinaus. Mit mächtigen Brettwurzeln trotzen sie den Kräften des Windes und bieten Stabilität bei den dünnen Erdschichten.

An einer Stelle lichtet sich der Baumbestand. Durch eine warme Quelle ist der Untergrund für Baumwurzeln zu warm, die Bäume sterben ab. Es ist das Revier, in dem das Hammerhuhn Löcher gräbt und große hellbraune Eier ablegt, die dann von der Vulkanismuswärme ausgebrütet werden. Da die Hammerhuhnjungen nicht von ihren Eltern ausgebrütet und versorgt werden, können sie bereits nach einem Tag fliegen und sich selbst versorgen.

Im Nationalparkcenter werden einige Eier ausgebrütet, um sie vor Schlangen und Waranen zu schützen, dann werden sie ausgewildert.

Schweißgebadet verlassen wir nach einigen Stunden den Regenwald mit den heißen Bächen und den warmen Bodenzonen.

Tomohon

Tangkoko Naturreservat

Es gibt wohl kaum einen besseren Ort, Nordsulawesi und die dortigen Nationalparks kennen zu lernen als Tomohon und hier das Resort von Onong. Schon die an die Hangkante oberhalb der Stadt platzierten Holzhäuser inmitten von tropischen Bäumen und exotischer Vegetation versetzen uns in eine Stimmung als hätten wir unseren Platz im Regenwald gefunden. Große Segelfalter landen auf den roten Blüten vor unserer Hausterrasse. In einem kleinen Teich gluckst eine dunkle Kröte und in den Bäumen flattern kleine Singvögel umher. Dazu ein herrlicher Blick auf die Stadt Tomohon und ein gigantischer Ausblick auf den Vulkan Lokon. 1580 m hoch ragt er bis in die Wolken hinein.

Immer wieder fallen mir bei derartigen Orten die Häuser von Hans Fallada in Feldberg – Carwitz, von Gerhart Hauptmann auf Hiddensee oder von Thomas Mann in Nidden auf der Kurischen Nehrung ein. Dort haben die Dichter in ihren Arbeitszimmern gesessen und haben in dieser Stimmung ihre Werke vollbracht. Ohne mich jetzt mit diesen Dichtern und ihren Werken auch nur im Entferntesten zu vergleichen, sagt mir meine Stimmung in der Onong-Hütte: Hier könnte ich mir vorstellen, zu sitzen, zu schreiben und zu träumen.

Leider ist für Reisende wie wir es sind keine Zeit zum Träumen, Michael und Silvana warten schon. Wir haben neue Freunde gewonnen – aber das ist eine andere Geschichte.

Mehr Infos zu Silvana unter https://cvminahasaadventure.wordpress.com/

Ein tropischer Regenschauer prasselt herab während unserer 3-stündigen Autofahrt zum

Tangkoko Nationalpark. Die Hinweise zu den hohen Niederschlagsmengen ist also nicht nur Theorie, aber das feucht warme Klima schafft auch die richtige Atmosphäre.

Das Tangkoko-Dschungelreservat liegt in der nördlichen Provinz Bitung und wurde 1980 zum Naturschutzgebiet erklärt Die insgesamt 87 Quadratkilometer grenzen mit ihren dichten Regenwaldgebieten an endlose Strände aus schwarzem Vulkansand. Das Reservat wird überragt von dem bis zu 1500 m hohen Gipfel des Tangkoko.

Auf schmalen Trampelpfaden geht es durch den Regenwald im Bereich des Tieflanddschungels. „Nur nicht festhalten“, meint Silvana und zeigt auf die langen Stacheln an den Gehölzen. Auch die langen Triebe der Tattan-Palme sind voller Stachel. Die Triebe können sich bis zu 200 m langen Lianen entwickeln, an vielen Stellen winden sie sich um die hohen Palmen.

Plötzlich wird es vor uns im Regenwald lebendig, eine Gruppe schwarzer Schopfmakaken ergötzt sich an den Baumfrüchten vor uns. Die Geselligkeit kennzeichnet diese Affenart, die auf der Suche nach Früchten tagaktiv ist. Und Gemeinschaftsleben wird uns vorgeführt: gemeinsames Jagen, gemeinsames Lausen und Früchte wegschnappen. Es herrscht eine strikte Rangordnung. Nur ein männlicher Schopfmakak hält sich von der Gruppe fern, er muss seine Position in der Gruppe erst erkämpfen. Es herrscht ein ständiges Stimmengewirr – natürlich in der Affensprache, denn wie alle Affen kommunizieren die Schopfmakaken mit Hilfe von Lauten und Gesten. Das Gähnen der Männchen zeigt nicht ihre Müdigkeit, sondern ist eine Demonstration der Überlegenheit – Zeit für uns für den Rückzug.

Unser Ranger zeigt uns viele kleine Singvögel, eine Flugechse, etwa 15 cm groß, einen Kingfischer und einen Ockerbauchkauz. Eine kleine Gruppe Kuskus-Beutelbären ist schwer in der Baukrone zu erkennen. Die Kuskus sind eine Gattung aus der Familie der Kletterbeutler, die sich von Blättern und Früchten ernähren.Sie sehen aus wie eine Kreuzung aus Koala und Opossum Mit langsamen Bewegungen hangeln sie sich an den Ästen hoch über uns entlang.

Besonders spannend ist der Brutplatz des Helmhornvogels: Ein großer Baumriese mit einer großen, aber schmalen Bruthöhle in knapp 20 m Höhe. Um vor Feinden geschützt zu sein, verkleistern die Altvögel den Eingangsschlitz. Wir können das schon große Jungtier gerade in der Höhle erkennen. Ein lautes Schnarren zeigt an, dass die Altvögel in der Nähe sind. In Ihrem Kehlsack transportieren sie kleine Früchte, um sie an das Jungtier zu verfüttern. Bis zu 3 Monate verbringt der Jungvogel in der Höhle. Die beiden Altvögel fliegen wartend und krächzend in den Kronen der Bäume herum Die Helmhornvögel können eine Flügelspannweite bis zu zwei Metern erreichen. Als es im Wald dämmrig wird, geben wir das Warten auf, wir müssen zurück zum Ausgangspunkt der Tour.

Helmhornvogel

Wie in den Tropen üblich ist die Dämmerungsphase sehr kurz, es wird stockfinster im Regenwald und da alles nass und glitschig ist, geht es nur sehr vorsichtig voran. Eine kleine funzelige Taschenlampe des Rangers zeigt den Weg. Aber erst in der Dunkelheit gibt der Regenwald seine Geheimnisse preis, aber für uns nicht ganz, denn die vielen Laute, die aus dem Dunkel schallen, sind für uns nicht bestimmbar, nur unheimlich. Plötzlich starren uns große runde Augen an. In einem hohlen Baum, der von einer Würgefeige umwuchert ist, hocken kleine Celebes Koboldmaki (Tarsier). Es sind nur 8 bis 16 cm große baumbewohnende Primaten mit auffallend großen Augen. Diese sind größer als das Gehirn der Tiere und damit im Verhältnis die größten Augen bei den Säugetieren. Wegen der Größe können die Augen nicht in ihren Höhlen bewegt werden, aber die Tiere können den Kopf wie eine Eule drehen. Es sind Insektenjäger, die so schnell sind, dass sie ein vorbeifliegendes Insekt im Fluge erwischen können.

Mit weitem Sprung landet ein Koboldmaki dicht neben mir, pflückt ein Insekt vom Ast und hopst genauso schnell wieder zurück in das schützende Astloch. Es ist etwas gespenstisch im dürftigen Schein der Taschenlampe.

Celebes Koboldmaki

Ein paar Bäume weiter entdecken wir kleine gelbe Singvögel. Sie sitzen gut geschützt unter großen Blättern und schlafen.

Minahasa-Hochland

Bis zum Jahr 670 entwickelte sich im Norden der Insel Sulawesi kein größeres staatliches Gebilde. Dann trafen sich die Häuptlinge verschiedener Stämme, die alle unterschiedliche Sprachen nutzten. Sie gründeten einen Bund unabhängiger Staaten, der eine Einheit bilden und einen Schutz gegen Feinde erreichen sollte. Insgesamt 9 ethnische Gruppen verbanden sich so in Minahasa. Als die Stammesfürsten diesen Bund schlossen und nicht so recht wussten, wie sie ihn besiegeln sollten, kam eine Schleiereule angeflogen. bildet seit dieser Zeit das Symbol der Minahasa – so sagt es die Sage.

ANMERKUNG VON MICHAEL LEITZINGER:

„Minahasa Hochland

Die Schleiereule wird hierzulande Manguni genannt. Das Wappentier der Minahasa Region ist genau diese Eule, die für Weisheit steht. Mit wachen und scharfen Augen, einen Kopf der um 360 Grad drehbar ist, warnt sie die Menschen vor Gefahren.

Die Minahasa-Bewohner betrachten Eulen als sehr kluge Tiere. Sie nennen die Eulen „Burung Manguni“ (burung=Vogel). Einstige Krieger „sprachen“ mit Eulen, bevor sie ins Feld zogen. Und noch heute ist es weit verbreitet, dass man, wenn jemand eine Reise plant, auf den Ruf der Eulen hört.

Eulen geben zwei verschiedene Ruflaute von sich, Der erste, ein kurzer Laut. Dies bedeutet, dass es sicher ist zu gehen und der zweite, meist bis zu neun Rufe, sagt aus, dass es besser ist, daheim zu bleiben.

Noch heute nehmen viele ältere Menschen diese Warnungen sehr ernst. Sie bleiben tatsächlich zu Hause, wenn Manguni sie warnt.“

Eine Frau mit Schleiereule empfängt uns am Fuße des 1.324 m hohen Mahawu-Volkankegels. Nach ca 100 Stufen Aufstieg blicken wir vom Kraterrand in den tief unter uns liegenden Kraterboden hinab. Zwei junge Indonesier zeigen in traditioneller Kleidung und gewaltigem Kopfschmuck die traditionelle Kriegskleidung. Sie tragen die rote Kleidung der Kawasalan-Tänzer. Den Kriegs-Tanz nennt man Kabasaran, Die ursprünglichen Menschenschädel der besiegten Feinde sind allerdings durch Affenschädel ersetzt.

Das Minahasa-Hochland hat viele Besonderheiten zu denen uns Freund Micha führt.

Der Schwefelsee Linow ist nicht nur wegen seines hohen Schwefelgehaltes sehenswert, sondern an seinem Ufer blubbert und faucht es aus vielen Löchern, ein Schwefelgestank verbreitet sich und nur manchmal wird der Blick frei von Gas- und Dampfwolken. Es ist eine unheimliche Atmosphäre.

Der Ort Woloan ist das Zentrum der traditionellen Stelzenhäuser. Die Stelzenhäuser werden als Rumah Panggun (indonesisch) und Wale Meito´to (Tombulu Sprache) bezeichnet. Zum Bau wird Eisenholz und Nyatho/Nato-Holz verwendet. (Info: M. Leitzinger) Hier werden sie noch aus echtem Tropenholz handwerklich gefertigt und sauber zerlegt weltweit verkauft. Überall liegt das edle Tropenholz, das hier als normales Bauholz genutzt wird.

Der Tondano See umfasst eine Fläche von ca. 48 ha und ist bis zu 21 m tief. An seinem Ufer sind die Holzgestelle der Fischfarmen zu sehen. Beim Bau der Fischfarmen auf dem Tondano See werden diese auf Bambuspfählen errichtet. Im Hintergrund liegt der Vulkankegel des Klabert.

Eine weitere Sehenswürdigkeit ist ein Freilichtmuseum mit alten Steinsarkophagen. Vor 1000 Jahren wurden die Toten in embryonaler Hockstellung in Steinsärgen beerdigt. Der Steinbruch liegt 10 km entfernt, doch wie wurden die tonnenschweren Steine transportiert? Diese Gräber, Warugas, wurden immer so aufgestellt, dass ihre Giebel in Nord-Süd -Richtung zeigen, denn die Menschen kamen aus dem Norden. Die Särge wurden bekrönt und verschlossen durch einen großen behauenen Steinblock, der auch die Geschichte des Bestatteten erklärt. Wir entdecken Steinarbeiten, die zweifelsfrei einen Portugiesen zeigen, andere stellen Einheimische dar und viele weitere Ornamente und Nagaschlangen. Einige kleine Nasen zeigen an, wie viele Bestattungen mit dem Sarg vorgenommen worden sind, denn sie wurden mehrfach genutzt.

Einst lag die Stadt Tondano direkt am Tondano-See. Die Häuser waren – wie in Venedig – auf Holzpfosten gebaut, die Reste dieser Pfähle sind hier ausgestellt. Die Menschen wurden „Tou Dano“ – Menschen am Wasser, oder Wassermenschen genannt. Sie waren kriegerisch und als andere Volksstämme zuwandern wollten, schlichen sie zu deren Häusern und zündeten sie an. Da kam plötzlich ein kleiner Vogel und warnte mit seinem Ruf die Menschen vor dem Feuer und rief: „Kilow –kilow“ So nannten die Leute des neuen Dorfes ihr Dorf Kinilow nach dem Vogel.

ANMERKUNG VON MICHAEL LEITZINGER:

Kinilow – vom Vogel der ein ganzes Dorf alarmierte

Schon immer verstanden es die Bewohner des Stammes Tombulu, aus dem Dorf Nawanua, einer der ersten größeren Orte in der heutigen Region Tomohon Feste zu feiern wie sie fielen. Eines Tages waren sie in der Nähe von Wenan, der heutigen Stadt Manado, und hinterließen ein menschenleeres Dorf, das in der Zwischenzeit von den verfeindetenTonsea, die rund um den Tondano-See siedelten, aufgesucht wurde.

Sie fingen an, Häuser in Brand zu setzen.

Aufgeregt flatterte auf einmal ein Vogel über ihren Köpfen hinweg und alarmierte die ausgelassene Dorfgemeinschaft mit einem aufdringlichen „Kilow Kilow“ Gezwitscher, worauf sie zurück in ihr Bergdorf Nawanua eilten, die Brandstifter in die Flucht schlugen und somit rechtzeitig einen Großbrand verhindern konnten

Dem Vogel zu großem Dank verpflichtet nannten sie von nun an ihr Dorf Kinilow, heute ein Stadtteil von Tomohon. Dort befindet sich das Onong Resort .

Vulkanismus und Tektonik – das Paradies hat seine Schattenseiten

Mit 129 aktiven Vulkanen verzeichnet Indonesien die höchste vulkanische Aktivität auf der Welt. Die Explosion des zwischen Java und Sumatra gelegenen Krakatau im August 1883 gilt bis heute als die zweitschwerste Eruption eines Vulkans in der Neuzeit. 36 000 Menschen starben aufgrund dieses Ausbruchs. Die Explosion war noch in 5000 km Entfernung zu hören. Sie erzeugte eine bis zu 40 m hohe Tsunamiwelle, das ist höher als ein 13-geschossiges Gebäude.

Indonesien liegt auf dem Pazifischen Feuerring. Der rund 40.000 km lange Vulkangürtel, der den Pazifischen Ozean von drei Seiten umgibt, verdankt seine unheimliche Existenz den Verschiebungen tektonischer Platten – und da rumort es häufig im Erduntergrund.

Das Jahr 2018 – unser Sulawesi-Jahr- war eines der dramatischen Jahre der Inselgeschichte. Und wir waren mitten drin!

Beben und Tsunami in Indonesien: Zahl der Opfer auf Sulawesi steigt weiter“ das war eine der Schlagzeilen der Presse. Ein Beben der Stärke 7,4 und ein darauf folgender Tsunami verwüstet am 28. September die Küstenstadt Palu und eine Vielzahl von Dörfern in der Region. Allein in Palu starben 1539 Menschen, die meisten als Oper des Tsunami. Auch in den folgenden Tagen kommt Sulawesi nicht zur Ruhe. Ein neues Beben mit der Stärke 5,2 versetzte alle in Angst und Schrecken.

Und unsere Kinder und Freunde ?? Was wir nicht wussten: Die Nachrichten zu Hause klangen dramatisch und berichteten über nicht endende Zahlen von Toten, Verwundeten und Vermissten. Wir wussten davon nichts und ich schrieb am 28.09.- nachdem wir Palu am 26.09. verlassen hatten und weiter auf die Togian-Inseln gefahren sind – in mein Tagebuch:

WIR SIND IM PARADIES ANGEKOMMEN

Erst am 30.09. können wir uns aus der Baracuda Bay von Kadidiri aus melden und ich habe Telefonanschluss nach Hause.

Am 16.10. sende ich Bilder nach Hause vom Kraterrand des Mahawu-Vulkans mit den Worten „Der Tanz auf dem Vulkan“.1977 war hier die letzte Eruption. Zwei pyroklastische Kegel in der Nordflanke zeigen die besondere Art des Mahawu.  

Was wir nicht wussten: Ein paar Tage vorher, am 03.10. , wenige Tage nach dem Sulawesi-Erdbeben und Tsunami, schleuderte der Vulkan Supotan Asche über sechs Kilometer in die Höhe und dieses Ereignis war kaum 30 km von uns entfernt. Auch dieses Ereignis wurde in den Medien in Deutschland verbreitet – aus deutscher Sicht lag alles direkt in unserem Aufenthaltsbereich und das passte nun gar nicht zu der etwas lockeren Bemerkung von unserer Vulkantour.

Auf Sulawesi liegt das Paradies eben direkt am Eingang zur Hölle. Fünf Vulkane sind aktiv:

Der Soputan hatte seine letzte Eruption am 03.10.2018 und dauerte drei Tage. Der Mahawu war 1977 aktiv, der Colo auf der Togianinsel Una Una 1983, der Klabat 1995, der Doppelvulkan Lokon- Empung 2013. In nur 15 km Entfernung zum Lokon – Empung liegt die große Stadt Manado mit einem internationalen Flughafen.

Auch das Paradies hat eben seine Schattenseiten, die uns mit den prächtigen Vulkankegeln direkt vor den Augen liegen.

Bunaken Marine Nationalpark

Bunaken ist nicht nur eine kleine Insel rund 3 km nördlich des Festlandes und rund 45 Bootsminuten von Manado entfernt, sondern es ist wieder ein kleines Paradies nicht nur für Schnorchler und Taucher. Wir beziehen eine traumhafte Holzhütte mit herrlichem Ausblick auf den Vulkan Manado Tua im Panorama Diving Resort, das von dem deutschen Sven und seiner Frau Esther geleitet wird.

Die Strände von Bunaken locken mit wunderbaren Hausriffen. Ich entdecke Rotfeuerfische und Wasserschildkröten und natürlich unzählige Korallenfische in bunten Farben: Kleine Anemonenfische, Falterfische, Wimpelfische, Kofferfische, Doktorfische , Drückerfische, Picassofische, Regenbogenjunker und Goldstreifenfüsilier.

Das klare Wasser ermöglicht hier noch bessere Ausblicke in die blaue Tiefe des abfallenden Riffs, an dem weiter unten die Taucher entlang ziehen. Ihre Luftblasen ziehen wie Perlenketten nach oben und zerplatzen an der Oberfläche. Luftblasen-Träume über einem bunten Korallenteppich.