Sind es die Erinnerungen an Jugendtage im Ahlenmoor bei Bremerhaven oder ist es die Faszination, die Moore auf mich ausüben? Es ist eine Landschaftsform voller Mythen und Rätsel und in vielfältiger Weise so faszinierend, dass ich immer wieder auf der Suche nach den besonderen Erlebnissen im Moor bin.
Ein altes kleines Büchlein fällt mir in die Hände: „Die neue Brehm Bücherei“, Jahrgang 1950: „Deutsches Moorland“. Am Schluss des kleinen Büchleins fasst der Autor Prof Dr. Kurt Hueck zusammen: „Norddeutschland umfasst über 1, 5 Millionen Hektar Moorland, Bayern 180 000 Hektar Flach- und Hochmoor“.

Und heute? Laut Google gibt es in Niedersachsen zwar etwa 280 000 Hektar Hochmoorflächen und 187 000 Flachmoorflächen, aber davon ist nur noch ein Bruchteil, laut Google ca. 16 % als naturnahe Moorfläche zu bezeichnen. Zusammen mit den 17 500 Hektar Moorflächen in Schleswig-Holstein sind es also nur noch ca. 80 700 Hektar Moorflächen, nur ca. 5, 4% der Moorflächen gegenüber 1950.
Ob diese Berechnungen richtig sind, weiß ich nicht, aber die Größenordnungen stimmen sicher und zeigen ein erschreckendes Bild. Wo sind sie geblieben, diese Moorgebiete?
Kultiviert, also umgewandelt in Kulturlandschaften, wie es so schön heißt. Das „Unland“ wurde zu Wiesen-, Acker- und Waldflächen umgewandelt. Aufwendig und sehr mühsam haben die Menschen Moorflächen urbar gemacht:
„Dem Ersten der Tod,
dem Zweiten die Not
und dem Dritten das Brot“,
heißt es in einem alten Sprichwort. Ich will die Leistungen dieser Moorkultivierer nicht in Frage stellen. Die Ernährung der Bevölkerung ist wohl eine der wichtigsten Voraussetzungen für unser Leben, aber der Preis dafür ist deutlich höher als wir im Allgemeinen denken. Beispielsweise denkt man nur an den CO2-Speicher im Moorboden und die Auswirkungen durch die Trockenlegung der Moore auf das Klima, so kommen wohl jedem apokalyptische Szenen in den Sinn. Mit dem Verschwinden der Moore sind auch viele einzigartige Biotope, Pflanzen und Tiere, verschwunden, teilweise ausgestorben. Kurt Hueck schreibt dazu 1950: „So sehr auch gerade heute jeder Fortschritt in der Moorkultur für unser Land von Wert sein muss, so bleibt doch zu wünschen, dass wenigstens einige dieser schönsten Moore als Naturschutzgebiet unberührt bleiben“.
Mit diesen Gedanken, die zwar alt, aber doch so modern erscheinen, sind wir wieder einmal unterwegs auf der Suche nach Moorgebieten und ihren Besonderheiten.
Unser Ziel ist dieses Mal die Diepholzer Moorniederung. Dieses Ziel jetzt im Spätherbst anzusteuern, hat einen zweiten Grund: Die Diepholzer Moorniederung hat sich inzwischen zum drittgrößten Sammelplatz Deutschlands für Kraniche während der Zugzeit entwickelt. Graue Kraniche – die „Himmelsboten“ und „Vögel des Glücks“ – und diese gleich Vieltausendfach, das müssen wir erleben.

Rund 300 km sind es von Bonn aus in Richtung Norden in das große Gebiet der Diepholzer Moorniederung. Schon vor unserem Ziel, dem Ort Rehden, wird es einsamer. Eine Gruppe Kraniche sucht auf einem abgeernteten Maisacker neben der Straße nach Nahrung. Sie sind also noch da und sammeln sich noch vor ihrem großen Flug nach Süden. Als es schnell dämmert, fliegen große Gruppen von Kranichen und Gänsen über uns offenbar zu ihren Schlafplätzen weiter in die Moore.
Unsere Unterkunft liegt in einer Hofanlage vor dem Ort und es ist stockfinster, als wir sie erreichen: Ein kleines Dorfidyll ist diese autofreie Hofanlage. Im fahlen Licht einiger Lampen erkennen wir alte Fachwerkhäuser unter uralten hohen Eichen. Ein Waldkauz ruft in der Nähe. Für uns ist die Idylle perfekt, als wir unser kleines romantisches Backhaus beziehen, das eher an alte Märchen erinnert, aber gut ausgestattet und mollig warm ist.
Am nächsten Morgen ist es grau und regnerisch, als ich aus dem Fenster sehe. Aber ruhig und idyllisch eingerahmt von Fachwerkhäusern und hohen Buchenhecken liegt ein Teil der großen Hofanlage vor uns. Als ein kleines Eichhörnchen vor unserem Backhaus nach Eicheln sucht und über den Hof die Kraniche rufend vorbeiziehen, wird es Zeit für Erkundungstouren.






Das Rehdener Geestmoor liegt direkt vor der Haustür und der Aussichtsturm steht nur rund 9 km entfernt . (Moordamm 10, 49453 Hemsloh) Da es hier meist offenbar alte Moorwege sind, die wir entlangfahren, führen sie oft schnurgerade durch eine flache, offene Landschaft. Es ist kultivierter Moorboden. Bald geht es durch das Rehdener Geestmoor. Die bis zum Horizont schnurgerade schmale Straße führt uns durch eine feuchte, freie Moor- und Heidelandschaft mit offenen Wasserflächen.
Es ist beeindruckend, diese Weite und Einsamkeit zu erleben. Das haben wir nicht erwartet. Schließlich ist Deutschland eines der am dichtesten besiedelten Länder in Europa mit durchschnittlich 232 Menschen pro Quadratkilometer. Hier im Landkreis Diepholz beträgt die Bevölkerungsdichte davon weniger als die Hälfte und ist mit 108 Menschen je Quadratkilometer sogar dünner besiedelt als die Eifel (127 Menschen je Quadratkilometer).
Was wir erleben ist eine Weite bis zum Horizont. Auf 105. 000 Hektar (1050 Quadratkilometer) weist die Diepholzer Moorniederung eine Vielzahl unter-schiedlicher Naturschutzgebiete auf. Verteilt auf 15 Hochmoore sind noch 24 000 Hektar Hochmoorfläche erhalten, dazu kommt der Dümmer und seine Niederungsflächen. Wir haben uns viel vorgenommen mit einer Erkundung dieser einzigartigen Moorlandschaft, die oft weit und leer, aber nie langweilig ist.





Der drei-geschossige kastenartige Aussichtsturm im südlichen Teil des Rehdener Geestmoores bietet uns einen grandiosen Blick über die weiten, in großen Teilen wieder vernässten Hochmoorflächen. Jetzt im Herbst sind es braune Flächen, rotbraun leuchten manche Sträucher, hell beige wieder andere Bereiche und dunkel die nassen Moorflächen. 5 km lang und 3, 5 km breit ist das Moor. Ein Kornweihenmännchen segelt an uns vorbei. Die Art gehört zu den stark gefährdeten Vogelarten, die hier vorkommen wie z. B auch Baumfalken, Bekassinen, Großer Brachvogel und Schwarzkehlchen.
Wir müssen wiederkommen, wenn die Brutzeit ist.
Kurz hinter dem Aussichtsturm erreichen wir die Schäferei Ulenhof. Eine Herde der Diepholzer Moorschnucken grast auf der nahen Weide, bewacht von zwei Hütehunden. Von nun an heißt es nur noch, dem Ruf der Kraniche zu folgen, denn die Zugvögel suchen tagsüber auf den nahegelegenen abgeernteten Maisäckern nach Nahrung und fliegen erst in der Dämmerung zu ihrem Schlafplätzen ins Moor. So fahren wir weiter durch eine sehr offene Wiesen- und Ackerlandschaft, immer den Rufen nach. Bald sehen wir sie auf den abgeernteten Maisfeldern, meistens in kleinen Trupps, oft auch in großen Ansammlungen.
Wenn sie direkt an uns vorbeifliegen, hören wir nicht nur das laute Trompeten der Altvögel, sondern auch das hellere Piepsen der Jungtiere. Diese sind noch nicht so grau und fertig ausgefärbt im Federkleid, eher bräunlich, aber schon fast so groß wie die erwachsenen Vögel. Drei Fasanenhähne sausen vor uns über die Maisstoppeln. Eine Schar Kiebitze hat wohl noch nicht die Reise in den Süden angetreten und fliegt an einer feuchten Wiese herum.





Das Neustädter Moor wird als „die Perle unter den Mooren“ bezeichnet. Für mich knöpfen sich besondere Erinnerungen an dieses Moorgebiet am Ort Wagenfeld: Ende der 60er Jahre konnte ich hier noch die südliche Rasse des Goldregenpfeifers beobachten, eine absolute Seltenheit, die inzwischen auch hier ausgestorben ist. Auch Birkhühner soll es hier noch gegeben haben. Diese Zeiten sind trotz intensiver Naturschutzmaßnahmen und Moorvernässungen vorbei. Aber es heißt, dass seit dem Jahr 2000 das Moor als Brutplatz des Kranichs angenommen worden ist und der Bestand steigt. Es ist ein Erfolg des Naturschutzes.


Auch hier sind wir unterwegs zu den Aussichtstürmen am Rande des Hochmoores, das sich 5 km weit ausdehnt. Von dort geht der Blick über große flache Moorflächen und braune Moorheidegebiete. Ein nasskaltes Wetter macht den Ansitz ungemütlich, so dass ich mit klammen Fingern Stativ, Teleobjektiv und Kamera aufbaue. Wieder beginnt das Warten bei gefühlt drei Grad Celsius.
Als es gegen 17 Uhr dämmert, kommen immer wieder Kraniche in kleinen und großen Gruppen mit lautem Getöse angeflogen und landen auf den offenen Moorflächen. Sie werden lautstark von den bereits vorhandenen Vögeln begrüßt. Das Moor hat einen unvergesslichen Klang bis in die Dunkelheit hinein, die uns zur Rückkehr zwingt. Also geht es zurück auf dem matschigen düsteren Moorweg, an dem jetzt die Bäume und Sträucher gespenstische dunkle Gestalt annehmen.
Moore wurden früher als unwegsam und so sehr als „Unland“ eingestuft, dass sie als Grenze zwischen den Orten und Ländern galten. Das Oppenweher Moor ist solch ein Grenzmoor, denn hier verläuft die Landesgrenze zwischen Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Anders als bei den meisten Mooren der Diepholzer Moorniederung fand hier kein industrieller Torfabbau statt, aber der bäuerliche Handtorfstich hat natürlich auch hier seine Spuren hinterlassen. An dem ausgebauten Feldweg können wir von einem Parkplatz aus (Im Moor 17) eine 5 km lange Moorrunde gehen. Kranichrufe sind zu hören. Dann entdecken wir sie auf einem abgeernteten Maisacker. Sie sind unruhig. Ist es der Zug-Trieb oder das geänderte Wetter? Sie tänzeln herum, rufen, fliegen auf. Ein Sprichwort fällt mir ein:
„Wer einen Kranich sieht, hat Glück. Wer einen Kranich tanzen sieht, hat doppeltes Glück“,





und so sind wir einfach glücklich
Immer wieder hallen die Trompetenrufe über die Moorlandschaft. Bald gehen wir durch einen großen Birkenbruchwald, dann durch das Moor auf einem langen Holzbohlensteg. Das Moor ist so nass, dass man sich keinen Schritt neben die Holzbohlen erlauben darf. Der Kranich-Sound ist besonders intensiv.
Bis zu 45. 000 Kraniche sollen derzeit (Herbst 2023) in der Diepholzer Moorniederung rasten.
Als die Sonne untergeht, machen wir uns wieder auf den Rückweg. Ein Esel wiehert laut. Esel werden weltweit als Schutztiere für kleinere Schafherden eingesetzt, da sie als aufmerksame, größere Tiere kommende Gefahren sehen und durch lautes Schreien warnen und abschrecken. Auch wir werden bei der Moorschnuckenherde auf diese Weise angekündigt. Der Esel beruhigt sich erst, als er merkt, dass hier zwei harmlose menschliche „Esel“ im Matsch durch die heran nahende Nacht stapfen, um endlich wieder das Auto zu erreichen.



Aber noch lange hören wir den besonderen Sound des Herbstmoores: das tausend stimmige Trompeten der „Vögel des Glücks“, wie sie genannt werden. Der Ausdruck kommt vermutlich aus Schweden, wo die Kraniche als Boten des Frühlings auftauchen und Wärme, Licht und Nahrungsfülle mitbringen. Auch in vielen anderen Ländern sind Kraniche als Glücksbringer in Mythen und Märchen benannt. Bereits im alten Ägypten galten sie als Symbol der Glückseligkeit. Hier wurde dem Sonnenvogel sogar eine eigene Hieroglyphe gewidmet. In China wurden Kraniche als göttliche Himmelsboten verehrt und in Japan symbolisieren sie ein langes Leben und Gesundheit.
Friedrich Schillers Verse kommen mir in den Sinn:
„Sieh da! Sieh da Timotheus,
die Kraniche des Ibykus!“
Und finster plötzlich wird der Himmel, Und über dem Theater hin
sieht man in schwärzlichtem Gewimmel Ein Kranichheer vorüberziehn.







Auch bei Goethe und anderen Dichtern steht der Kranich für das Erhabene in der Natur. Und hier in der Diepholzer Moorniederung locken die Vögel des Glücks uns immer wieder zu ihren Schlafplätzen wie z. B. auch in dem Großen Moor bei Barnstorf. Es liegt zwischen den Orten Barnstorf und Goldenstedt. Ich gebe im Navi die Adresse des Naturschutz- und Informationszentrums (NIZ) ein (Arkeburger Straße 22, Goldenstedt). Der Torf wird hier noch industriell und großflächig abgetorft. Bis in die 60er Jahre war es noch der Handtorfstich, der hier stattfand, dann kam der industrielle Abbau. Die Verträge laufen noch bis 2035. Die Abbautiefe beträgt bis zu 3,2 m. Erst nach dem Abbau erfolgt eine Renaturierung, aber es wird mehr als 3000 Jahre dauern, eher der Torf diese Dicke wieder erreichen könnte.

Kurz vor dem NIZ lärmen zwei Torfwerke. Torf und Mulch werden gemischt und in versandfertige Plastikfolien verpackt, fertig für Bau- und Gartenmärkte. Eine Zeit lang war man sicher froh, auf diese Weise aus dem kaum nutzbaren Moor eine industrielle Wertschöpfung zu erreichen, aber der Preis ist für die Umwelt und die Natur zu hoch. Aber es gibt sogar einen gewissen Vorteil, denn nach dem Abtorfen bleiben große, offene Flächen, die für viele Arten wichtig sind. Ohne diese Massnahmen wären viele große Moorflächen längst bewaldet, entwässert und zu Kulturland umgenutzt worden. Besonders die Kraniche haben ihre Sammel- und Schlafplätze in den baum- und strauchlosen abgetorften Freiflächen.
Auch von diesem Aussichtsturm gibt es einen weiten Ausblick über das Große Moor mit vielen offenen Wasserflächen. In der Ferne hören wir Kraniche. Zwei große Trupps haben wir auf der er Fahrt heute gesehen, aber sie verschwanden im grauen Dunst der Regenwolken. Ein 1,3 km langer Bohlenweg führt durch das Moor an offenen Wasserflächen vorbei. Gagelsträucher sind am Weg zu finden, doch nach Sonnentau suche ich vergeblich. Der Regen nimmt zu, da können wir nur noch zurückfahren in unser gemütliches Backhaus.







Bei dem typischen norddeutschen Wetter muss man immer mit Regen rechnen, aber am nächsten Tag hat sich auch der verzogen, sodass weiteren Erkundungen nichts im Wege steht. Das Mittlere Wietingsmoor hat eine ganz besondere Geschichte: Ich stelle mein Navi auf „Freistatt“ ein, um von dort direkt durch das Mittlere Wietingsmoor zu fahren. An der Alten Bäckerei halten wir an. „Gibt es hier frische Brötchen?“ Ein paar nette junge Leute stehen vor dem Geschäft. „Nein, schon lange gibt es hier keine Backwaren mehr, nur Kaffee.“ Der Ort Freistatt hat eine etwas merkwürdige Geschichte: Friedrich von Bodelschwingh gründete 1899 im Wietingsmoor die Betheler Anstalt. Ziel war es, das Hochmoor urbar zu machen. Verdiente Kolonisten sollten dann ein eigenes Land erhalten und selbständige Familien gründen. „Arbeiten statt Almosen“ sollte die Devise sein. Aber die Diakonie Freistatt, heute Bethel im Norden, entwickelte sich offenbar anders. Das Ziel der Selbständigkeit der Moorkolonisten wurde nie erreicht. Stattdessen wurden Menschen aus sozialen Randgruppen in die Anstalt eingewiesen und die Anstalt Freistatt entwickelte sich zum „Vorhof der Hölle“ wie sie die Heimkinder nannten. Wolfgang Rosenkötter, selbst ein Heimkind in der Diakonie Freistatt Moor, erlebte nach eigenen Beschreibungen brutale Züchtigungen und soziale Härte und „mehr Leid als er in einem Leben überwinden konnte.“ In Deutschland wurde der Ort „Endstation“ genannt. Kinder sollten dort durch Arbeit und Züchtigung Gehorsam lernen, so lehrte es die Schwarze Pädagogik bis in die 70er Jahre des 20igsten Jahrhunderts. Unvorstellbar für mich. In den 1970er Jahren hatte ich als 20-jähriger kritisches Denken frei von Züchtigungen gelernt und erfahren. Freistatt war die Perversion dieser Erziehung und es graust mich bei den Gedanken an eine derartige Vergangenheit.







Der Ruf der Kraniche bringt mich zum Glück auf andere Gedanken. Bald sind wir mitten im Moor. Schnur gerade führt eine schmale Asphaltstraße neben einer alten Schienenbahn durch die offene Moorlandschaft. Die Seitenstreifen sind so weich und unbefahrbar, dass die Autoräder einsinken. Aber zum Glück kommt uns kein anderes Fahrzeug entgegen. Beidseits der Moorstraße liegen weite, kaum höher bewachsene Moor- und Grasflächen. Kranichrufe sind aus der Ferne zu hören. Offene Wasserflächen zeigen den hohen Wasserstand im Moor an. Abgestorbene Birkenstämme ragen als Baumleichen fast drohend aus dem Wasser. Stockenten fliegen vor uns auf. Weiter entfernt grasen Wildgänse. Rechts tauchen Gebäude auf, Wirtschaftsgebäude. Lautes Bellen kündigt an, dass es hier etwas zu sehen gibt. Es ist eine Bauernschäferei mit den Diepholzer Moorschnucken. Sie sind etwas Besonderes, eine alte, selten gewordene Haustierrasse.




Zwei junge Frauen arbeiten gerade auf dem Hof und eine führt mich in den großen Stall. Es wimmelt hier von Muttertieren, die ihre kleinen Lämmer säugen. Das idyllische Bild versöhnt mich mit der Region und seiner schrecklichen Geschichte. Die nette Auszubildende erläutert, dass es sich hier nicht um die nächsten Osterlämmer-Braten handelt, sondern um die nächste Generation für die Moorpflege. 1400 Schafe haben die zwei Herden dieses Hofes. Ein alter Ziegenbock drängelt sich an das Gatter.
„Ziegen fressen auch das harte Gestrüpp und die jungen Birken im Moor und werden deshalb besonders gefördert“, meint die angehende Tierwirtin der Fachrichtung Schäferei – „Schäferin“ hätte für mich viel romantischer geklungen.
Kranichrufe über uns zeigen mir: Es ist Zeit, die Schnucken-Fotosession zu beenden, das Moor ruft!








Auch das Große Moor bei Uchte ist eines unserer Ziele. Es wird als größtes Hochmoor des Naturraumes bezeichnet und wird mit einer Länge von 9 km und einer Breite von 8 km angegeben. Der industrielle Torfabbau findet seit Jahrzehnten statt und die Abbauverträge laufen noch mehr als 10 Jahre weiter. Dadurch entstehen aber auch große vegetationsarme Flächen, die wiedervernässt Brut- und Rastplätze für seltene Vogelarten bilden. Der Aussichtsturm „Darlaten“ ist von einem Parkplatz aus gut erreichbar. Wenn man die kleine Fußgängerbrücke am Ende des Parkplatzes findet, geht ein Pfad durch einen schmalen Waldstreifen etwa 300 m bis zum Moorrand weiter. Es dämmert bereits, als wir den Aussichtsturm erreichen. Einige Kraniche stehen schon auf ihrem Schlafplatz. Von allen Seiten kommen jetzt bei Sonnenuntergang Kraniche mit lautem Trompeten angeflogen. Noch lauter werden sie begrüßt. Es ist eine wahnsinnige Stimmung. Ich zähle etwa 3000 Kraniche vor uns im Moor und es hallt wider von den herrlichen Tönen der majestätisch großen Vögel. Das schrille Rufen von Wildgänsen mischt sich unter das vielstimmige Konzert. Es ist dunkel als wir über die Baumwurzeln stolpernd den holprigen Pfad zurück zum Auto suchen. Auf schmalen unbeleuchteten Moor- und Feldwegen fahren wir zurück, aber das Konzert tausender Kraniche bleibt uns noch lange im Gedächtnis.




Für uns waren es Momente des Glücks mit göttlichen Himmelsboten, den Vögeln des Glücks, und vielen Erlebnissen im Moor.
INFO:
BUND Diepholzer Moorniederung: „Dem Kranich auf der Spur“, www.bund-dhm.de
DümmerWeserLand Touristik e. V., Diepholz, www.duemmerweserland.de
DümmerWeserLand Touristik e.V.: Navigationsanschriften für die Aussichtstürme: Ausichtsturm Goldenstedt, Arkeburger Str. 22, 49424 Goldenstedt; Aussichtsturm Rehden, Moordamm 10, 49453 Hemsloh; Aussichtsturm Wagenfeld, Hochmoorweg 10, 49419 Wagenfeld; Aussichtsturm Steinwede, Im Moor 17, 32351 Oppenwehe; Aussichtsturm Uchte, Salle, 31606 Warmsen (Uchte); Aussichtsturm Uchte, Darlaten 55, 31600 Uchte; www.duemmerweserland.de