In der nähren Umgebung von Krefeld, der alten „Stadt aus Samt und Seide“, die ihre glorreiche Vergangenheit in der Textilherstellung und -verarbeitung hat, liegen zehnNaturschutzgebiete, welche aus Brüchen, alten Abflussrinnen des Rheinhochwassers und Rheinaltgewässern bestehen und dadurch eine besondere Tier- und Pflanzenwelt beheimaten.
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Teiche, Bruchwälder und Röhrichte entlang der Naturschutzgebiete Riethbenden und Niepkuhlen

Die in den Stadtteilen Verberg und Traar gelegenen Naturschutzgebiete Riethbenden (KR-009) und die anschließenden Niepkuhlen (KR-008) gehören zwar zu den kleineren Naturschutzgebieten in Krefeld, faszinieren uns aber besonders, da sie nur ungefähr drei Kilometer von der Innenstadt entfernt liegen und sehr gut zu Fuß oder mit dem Fahrrad erreichbar sind. Besonders in dieser etwas anderen Zeit, welche aufgrund von Reisebeschränkungen und anderen Einschränkungen die nähere Umgebung des Wohnortes stärker in den Fokus rückt, ist dieses Naherholungsgebiet besonders stark frequentiert und ganze Besucherscharen bewegen sich am Wochenende entlang der langgezogenen Seen. Durch den Wintereinbruch Anfang Februar und die tagelangen Minusgrade konnte man ein eher seltenes Schauspiel beobachten, da die Seen größtenteils zugefroren waren. Leider veranlasste dies einige Besucher dazu, die Seen des Naturschutzgebiets mit Schlittschuhen und zu Fuß als Schlitterstrecke zu nutzen, was weder im Interesse des Naturschutzes, noch der öffentlichen Behörden ist, die an diesen Tagen zahlreiche Einsätze fahren mussten.







Die kleinen Seen, die immer wieder als Perlenkette beschrieben werden, schlängeln sich aneinandergereiht von Verberg nach Traar und weiter in den Norden des Niederrheinischen Tieflandes. Ihre Entstehung liegt in der letzten Eiszeit und der Mäandrierung, also des natürlichen Schlängelns des Rheins, welche heute kaum noch zu erkennen ist. Ab 1817 prägte Johann Gottfried Tulla die heutige Form des Rheins durch umfangreiche Begradigungsmaßnahmen. Diese hatten den Hintergrund, den Rhein durchgängig schiffbar und dadurch wirtschaftlich nutzbar zu machen, da man dann von den Rheinhochwassern und Trockenperioden unabhängig ist. Übriggeblieben sind zahlreiche Naturschutzgebiete entlang des Rheins, welche aus Rheinaltgewässern und Altstromrinnen entstanden sind und besondere Wasservögel, Amphibien, Libellen sowie Röhrichte und andere Pflanzen beherbergen.

Das Naturschutzgebiet Riethbenden besteht aus kleinen Wäldern, Grünland, Röhricht und den beiden Teichen des Vergerger und Riethbenden Kull, welche zwar stark anthropogen, also durch den Menschen geprägt sind, aber in ihrem Verlauf noch die alte Altstromrinne im Landschaftsbild nachzeichnen. Der ausgeschilderte Weg führt entlang der Teiche und ist von Hecken, Brombeergebüsch und Kopfweidenreihen gesäumt. Besonders interessant ist, dass man sich hier auf einem Pflanzenlehrpfad befindet, da entlang des Weges Bäume und Sträucher mit Infotafeln versehen sind, sodass man sich genauer über die Arten informieren kann.







Die Stillgewässer sind sehr artenreich und sind ein Lebensraum für beispielsweise Stockenden, welche auf den Teichen ihre Runden drehen, Haubentaucher, Blesshühner, welche an ihrer weißen Stirn gut zu erkennen sind und wenn man ein wenig Glück hat, sieht man auch Eisvögel. Ich persönlich finde diese kleinen Tiere aufgrund ihrer Farbenpracht sehr beeindruckend, man muss aber schnell die Fotokamera zücken, da sie sehr flink sind. Meist sitzen sie auf etwas erhabenen Ästen oder Sträuchern, um den Teich nach potenzieller Beute, also Fischen zu beobachten. Die Hecken und Bruchwaldreste sind voll von kleinen Singvögeln wie Spatzen, Rotkehlchen, Blau- und Kohlmeisen. Anhand des charakteristischen „tocktocktocktock“, kann man auch vereinzelt Spechte erkennen.





Aufgrund seiner besonderen Artenvielfalt und seinem Strukturreichtum gehört das Naturschutzgebiet zu den bedeutendsten Naturschutzgebieten im Stadtgebiet von Krefeld und bildet mit dem Naturschutzgebiet Niepkuhlen einen Teil der Biotopverbundsachse der Niepkuhlen-Niederung.




Die Krefelder Heide im Naturschutzgebiet Egelsberg
Wer glaubt, dass es in Krefeld nur nasse und sumpfähnliche Landschaften wie Brüche und Altarme des Rheins gibt, der kennt das nordwestlich von Krefeld-Traar gelegene Naturschutzgebiet Egelsberg (KR-004) vermutlich noch nicht.

Das ca. 70 ha große und seit 1988 existierende Naturschutzgebiet bildet einen starken Kontrast zu den anderen Naturschutzgebieten Krefelds, da es sich um eine breite, baumlose Heidefläche und Sandmagerrasen handelt. Es ist an seiner höchsten Erhebung 46 Meter hoch, jeder Süddeutsche würde jetzt vermutlich in schallendes Gelächter ausbrechen, aber für Krefeld ist es schon eine ernstzunehmende Erhebung, da man weit bis nach Duisburg und den Rhein blicken kann und der Inrather Berg, die Betonung liegt hier auf „Berg“, ist auch nur 86 Meter hoch. Seine Höhe ist dadurch bedingt, dass es sich beim Egelsberg um den südlichsten im Rheintal noch erhaltenen Sander der saaleeiszeitlichen Gletscher handelt, der die Niederterrasse um ca. 12 – 13 m überragt. Kurz erklärt sind Sander im letzten Eiszeitalter (des Pleistozänz) entstandene Schotterebenen oder Schotterflächen, welche anders als Moränen nicht direkt durch das Einwirken des darüber befindlichen Gletschers entstanden sind, sondern durch das unter dem Gletscher befindliche Weitertragen von Material, wie Ton, Sand und Geröll, welches im Gletschervorland abgelagert wurde. Dadurch erhebt sich der Egelsberg ein wenig über die übrige Landschaft und bildet eine natürliche Erhebung.




Durch die geschlossene Schneedecke erstreckt sich am höchsten Punkt eine baumlose Schneelandschaft vor uns, unter der sich eine Magerrasenfläche und Calluna-Heide befindet. Wir fühlen uns in einer ganz anderen Region als am Niederrhein und so wird es für uns zu einem ganz besonderen Erlebnis, das uns ganz bestimmt gut in Erinnerung bleiben wird. Manchmal braucht man nicht in die entlegensten Gebiete der Erde zu reisen, um ein kleines Abenteuer zu erleben. Die weite, erhobene Fläche bietet sich auch für eine ganz andere Nutzung an und so befindet sich dort eingeschlossen von Brombeergestrüpp ein kleiner Flugplatz, dessen flache Fläche zu dieser Zeit mit einer zentimeterdicken Schneeschicht bedeckt ist und von einigen Hobbyathleten als Langlaufloipe verwendet wird. An den Rändern der Erhöhung des Egelsbergs sind aber auch einzelne Baumbestände von Erlen, Eichen, Birken und Robinien. Wir hoffen hier in der wärmeren Jahreszeit Vögel wie den Baumpieper, die Feldlerche oder das Teichhuhn beobachten zu können. Amphibien wie der Kammmolch sollen auch im kleinen Heideweiher vorkommen.



Diese Naturschutzgebiete zeigen auf beeindruckende Art und Weise die Artenvielfalt und den Reichtum der Landschaften am Niederrhein. Leider sind auch diese besonderen Gebiete mit ihrer sensiblen Flora und Fauna durch das Eingreifen des Menschen und natürlicher Prozesse gefährdet. So gibt es schon seit Jahren die Befürchtung, dass die Naturschutzgebiete Riethbenden und Niepkuhlen durch eine zunehmende Austrocknung gefährdet sind und Arten wie beispielsweise der Eisvogel dann mit einer Abnahme seiner Nahrung seinen Lebensraum verlieren würde. Besonders brisant ist hier wohl die Tatsache, dass die Teiche durch eine Pumpanlage gefördert werden, welche die Stadt Krefeld betreibt, damit das ansteigende Grundwasser die umliegenden Gebäude nicht beeinträchtigt.
Man könnte hier also von einem absoluten Klassiker sprechen, da sich Naturschutz und wirtschaftliche Interessen der Stadt und der Anwohner leider nicht ohne lange Diskussionen und Abwägungsprozesse unter einen Hut bringen lassen. Also, es bleibt spannend und ein Ausflug zu diesen besonderen Orten der Ruhe und Erholung können wir nur empfehlen.

Quellen:
- http://nsg.naturschutzinformationen.nrw.de/nsg/de/fachinfo/gebiete/kreise/ddorf/2096 (Liste aller NSG im Kreis/ kreisfreien Stadt Krefeld)
- https://www.nabu-krefeld-viersen.de/aktionen-projekte/krefelder-gruenguertel/niepkuhlen-riethbenden (Artikel des NABU zum Thema „Gefährdung der Niepkuhlen und Riethbenden durch Wassermangel.)
- https://www.klett.de/alias/1014739 (Infoblatt Glaziale Serie)